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2024 | Medizin allgemein | Buch

Begutachtung psychischer Störungen

verfasst von: Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Begutachtungen von Menschen mit psychischen Störungen sind anspruchsvoll und gelten als schwierig. Das vorliegende Standardwerk bietet deshalb einen kompakten und gleichzeitig praxisnahen Leitfaden für ärztliche und psychologische Sachverständige, aber auch eine unverzichtbare und umfassende Grundlage für Juristen. Denn richtige und faire Entscheidungen der Gerichte können nur gefällt werden, wenn sich Mediziner, Psychologen und Juristen untereinander verständigen können. Dieses Buch leistet einen wesentlichen Beitrag zu diesem nicht immer einfachen, aber notwendigen und nicht zuletzt besonders interessanten und spannenden interdisziplinären Austausch.

Das Werk zeichnet sich aus durch

eine praxisbezogene, verständliche und klare Darstellung der wesentlichen Aspekte der psychiatrischen und psychologischen Begutachtung, ausführliche Beispielgutachten sowie zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis viele Tipps zum Erstellen eines Gutachtens die Darstellung des aktuellen Stands der medizinischen, psychologischen und juristischen Literatur, inklusive der neuesten Rechtsprechung und Gesetzgebung.

Das Buch ist ein wertvoller Begleiter für Mediziner, Psychologen, Juristen und alle anderen Interessierten, die mit psychiatrischen und psychologischen Gutachten zu tun haben.

Mit der fünften Auflage wurde es erneut überarbeitet und aktualisiert. So wird beispielsweise bereits Bezug genommen auf die künftige ICD-11-Klassifikation, es werden aktuelle gesetzliche Änderungen, z.B. im Betreuungsrecht und bei der Behandlung von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e BGB), das neue 14. Buch des Sozialgesetzbuches, das neue Strafrechtsbezogene Unterbringungsgesetz NRW, die geänderten Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sowie geänderte juristische Terminologien und aktuelle Literatur berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Grundlagen psychiatrischer Begutachtung
Zusammenfassung
Begutachtungen von Patienten mit psychischen Störungen stellen einen wesentlichen Teil der Tätigkeit im Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie dar. Dabei sind die Rahmenbedingungen für einzelne Beteiligte gelegentlich nicht ganz klar oder nicht einfach nachvollziehbar: zu verschieden sind die Herangehensweisen von Ärzten bei der Beschreibung und Klassifikation einer psychischen Störung einerseits und der Umgang mit Rechtsfragen durch Juristen andererseits. Dabei sind die Erwartungen an eine solche Begutachtung oftmals heterogen.
Die Kunst einer qualifizierten, wissenschaftlich begründeten psychiatrischen Begutachtung liegt gerade in diesem Brückenschlag: von einer persönlichen Exploration und Untersuchung einer Person ausgehend soll ein psychischer Befund erhoben, ggf. eine psychische Störung diagnostiziert, und vor diesem Hintergrund eine spezielle Frage beantwortet werden.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
2. Schuldfähigkeit und Verantwortlichkeit
Zusammenfassung
Breiten Raum in der forensisch-psychiatrischen Gutachtenpraxis nimmt die Einschätzung der Schuldfähigkeit im Strafrecht ein. Dabei werden mit medizinisch-psychologischen Methoden Informationen gesammelt (Exploration und ärztliche Untersuchung, Zusatzuntersuchungen wie testpsychologische und apparative Verfahren, Aktenlage hinsichtlich der Krankengeschichte und des tatzeitlichen Verhaltens und Erlebens), gegebenenfalls zu einer Diagnose für den Tatzeitpunkt zusammengefasst, und es werden die Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit im Rechtssinne diskutiert.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
3. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit (Deliktsfähigkeit)
Zusammenfassung
Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit ist zwar im Recht der unerlaubten Handlungen geregelt, innerhalb des Zivilrechts jedoch auch sonst von Bedeutung, insbesondere im Rahmen des Verschuldens oder Mitverschuldens. Für Schäden, die im bewusstlosen oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand herbeigeführt werden, haftet der Verursacher grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn er sich auf schuldhafte Art und Weise in diesen die Verantwortlichkeit ausschließenden Zustand versetzt hat. Es besteht dann zumindest eine Haftung, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele. Minderjährige sind vor Vollendung des 7. Lebensjahres zivilrechtlich nicht verantwortlich. Sogar bis zu ihrem 10. Lebensjahr ist ihre Verantwortung im motorisierten Straßen- und Schienenverkehr grundsätzlich ausgeschlossen, da sie die damit verbundenen Gefahren nicht erkennen können. Ansonsten entscheidet, ob der Minderjährige die zur Begehung der schädigenden Handlung erforderliche Einsicht zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit hat.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
4. Verhandlungs-, Vernehmungs- und Haftfähigkeit
Zusammenfassung
Durch eine überschaubare Darstellung der wesentlichen Leitlinien höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Verhandlungs‑, Vernehmungs- und Haftfähigkeit sollen in diesem Kapitel dem wissenschaftlichen Sachverständigen wie dem mit den entsprechenden Entscheidungen befassten Juristen die erforderlichen Grundlagen für den interdisziplinären Dialog in Strafverfahren und Strafvollstreckung bereitgestellt werden. Bei diesem Dialog sollte sich insbesondere der Jurist stets darüber im Klaren sein, dass die Begutachtung der betreffenden Fähigkeiten aufgrund der zumeist erforderlichen Abschätzung gesundheitlicher Risiken der Natur der Sache nach mit der Gefahr prädiktorischer Irrtümer belastet ist (Wille und John 1986, S. 563, 567).
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
5. Einwilligungsfähigkeit und Betreuungsrecht
Zusammenfassung
Die Betreuung von Personen, die infolge von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten zu besorgen, unterliegt vielen Rechtsvorschriften. Nach einem kurzen Überblick (Abschn. 5.1) werden die Voraussetzungen der Betreuerbestellung dargelegt (Abschn. 5.2). Dabei ist außer auf die rechtlichen Anforderungen (Abschn. 5.2.1) insbesondere auf die erforderliche sachverständige Begutachtung einzugehen (Abschn. 5.2.2). Besteht ein Betreuungsverhältnis, stellt sich die Frage nach der Rechtswirksamkeit von Handlungen, die der Betreuer als gesetzlicher Vertreter oder der Betreute selbst vornehmen (Abschn. 5.3). Insoweit interessieren insbesondere der Bereich der Rechtsgeschäfte (Abschn. 5.3.1) und der Bereich der Einwilligung in medizinische Behandlungen (Abschn. 5.3.2), da dabei häufig eine Begutachtung der Geschäfts- bzw. Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen (Abschn. 5.3.3) notwendig ist. Das gleiche gilt für den sog. Einwilligungsvorbehalt, mit dessen Anordnung das Betreuungsgericht die Teilnahme des Betreuten am Rechtsverkehr zu dessen eigenem Schutz einschränken kann (Abschn. 5.4). Ist Eile geboten, dürfen sowohl die Bestellung des Betreuers als auch die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts im Wege einer einstweiligen Anordnung erfolgen; es ergeben sich dann verfahrensrechtliche Besonderheiten (Abschn. 5.5). Betreuerbestellung und Einwilligungsvorbehalt können jederzeit aufgehoben oder modifiziert und damit dem Krankheitszustand des Betroffenen angepasst werden (Abschn. 5.6). Ein besonders praxisrelevantes und zugleich eingriffsintensives Instrument des Betreuungsrechts stellt die Unterbringung dar, vor allem dann, wenn sie mit einer betreuungsgerichtlich genehmigungpflichtigen Zwangsbehandlung verbunden ist (Abschn. 5.7).
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
6. Geschäfts- und Testierfähigkeit
Zusammenfassung
Geschäftsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selbständig und eigenverantwortlich vorzunehmen. Voraussetzungen hierfür sind psychische Gesundheit und das erforderliche Alter. Auch sind Einsichts- und Urteilsvermögen notwendig. Als Testierfähigkeit bezeichnet man die Fähigkeit, ein Testament wirksam zu errichten.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
7. Prozessfähigkeit
Zusammenfassung
Die Prozessfähigkeit bezeichnet im Zivilprozess die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter wirksam vorzunehmen oder entgegenzunehmen (Zöller-Althammer 2024,§ 52 Rn. 1). Geschäftsunfähige sollen so vor nachteiligen Folgen geschützt werden, die sie durch die Vornahme von Prozesshandlungen erleiden könnten, weil sie z. B. infolge psychischer Störungen nicht in der Lage sind, die Folgen ihres Handelns in dem erforderlichen Maße abzusehen.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
8. Gefährlichkeitsprognosen
Zusammenfassung
Für die Rechtfertigung von Eingriffen in die Rechte einer Person ist neben deren Verantwortlichkeit für eine bereits begangene Tat insbesondere auch ihre künftige Gefährlichkeit von erheblicher Bedeutung. Die Aussetzung der Vollstreckung einer Strafe bzw. eines Strafrestes zur Bewährung, die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung, Lockerungsentscheidungen im Vollzug von Strafe und Maßregel, die Sanktionen im Jugendstrafrecht sowie die öffentlich-rechtlichen Unterbringungen nach Landesrecht (zur zivilrechtlichen Unterbringung nach § 1831 BGB Kap. 5) sind nach dem Gesetz alle davon abhängig, ob und inwieweit die betreffende Person in der Zukunft für die Allgemeinheit, und im zuletzt genannten Fall auch für sich selbst, gefährlich ist. Obwohl diese Frage für den Richter generell nur schwer zu beantworten ist, werden aus prozessökonomischen Gründen Sachverständige zumeist nur bei besonders folgenschweren Prognosen beauftragt. Insbesondere über die Aussetzung der Vollstreckung einer Strafe zur Bewährung entscheidet der Richter in aller Regel ohne Beteiligung eines psychiatrischen oder psychologischen Sachverständigen. Gleichwohl werden im Folgenden auch die rechtlichen Grundlagen hierzu wenigstens kurz dargestellt. Dies ist notwendig, weil die unter Beteiligung von Sachverständigen erfolgende Aussetzung des Strafrestes systematisch auf diesen Regelungen aufbaut.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
9. Medizinische Indikation eines Schwangerschaftsabbruchs
Zusammenfassung
Bei der Schwangerenbetreuung gelten die Aufmerksamkeit und Fürsorge des Arztes nicht nur dem Gesundheitszustand der Schwangeren, sondern natürlich auch dem Gesundheitszustand und der Entwicklung des ungeborenen Lebens. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen beiden Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch ausdrücklich betont, dass auch das ungeborene Leben unter dem Schutz der Verfassung stehe und deshalb sowohl Menschenwürde gem. Art. 1 Abs. 1 GG als auch ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG besitze (BVerfGE 39, 1; BVerfGE 88, 203). Dabei soll der Grundrechtsschutz laut Bundesverfassungsgericht spätestens ab der Einnistung in die Gebärmutter beginnen. Der Schutz des ungeborenen Lebens kann allerdings in bestimmten Fällen mit den Grundrechten der Frau kollidieren. In Betracht kommen ihr Anspruch auf Schutz und Achtung ihrer Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie ihr Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die grundsätzliche Pflicht zum Austragen der Schwangerschaft gilt deshalb nicht uneingeschränkt.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
10. Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit
Zusammenfassung
Die gerichtliche Beweiswürdigung fokussiert die Beurteilung einer konkreten Aussage als wahr oder unwahr (Glaubhaftigkeit oder auch spezielle Glaubwürdigkeit). Dabei geht es nicht um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen oder Beschuldigten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft (die auch als allgemeine Glaubwürdigkeit bezeichnet wird), da man sicher nie auf jemanden treffen wird, der immer die Wahrheit sagt, und ebenso selten jemanden findet, der ständig lügt. Der Glaubwürdigkeit als Teil der persönlichen Zuverlässigkeit der aussagenden Person kommt daher nur die Bedeutung einer Hilfstatsache für die Glaubhaftigkeit der Aussage zu (Eisenberg 2017, S. 619 Rn. 1426). Bei der psychologischen Glaubhaftigkeitsanalyse geht es vielmehr um die Beurteilung der Erlebnisgestütztheit einer Aussage in der Wirklichkeit.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
11. Renten- und Entschädigungsleistungen
Zusammenfassung
In den folgenden Abschnitten geht es um die Dienstfähigkeit, das Rentenrecht und das Entschädigungsrecht einschließlich der Unfallversicherung, der Sozialen Entschädigung im Rahmen des SGB XIV und privatrechtlicher Entschädigungsansprüche. Es werden die möglichen Renten- und Entschädigungsleistungen beschrieben, die im Rahmen psychischer Störungen relevant sein können.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
12. Fahrtüchtigkeit und Fahreignung
Zusammenfassung
Hinsichtlich Fahrtüchtigkeit und Fahreignung kommt eine medizinische und/oder psychologische Begutachtung bei zwei unterschiedlichen Fragestellungen in Betracht. Einerseits kann sich das Gutachten auf die Feststellung der Fahrtüchtigkeit als konkret situationsbezogene Fahreignung bei einer bereits vorgenommenen Fahrt richten, was bei den Straßenverkehrsdelikten und der Sanktion des Fahrverbots relevant wird. Daneben kann das Gutachten die Beurteilung der Fahreignung für künftige Fahrten zum Gegenstand haben, was die Nichterteilung bzw. Entziehung der Fahrerlaubnis nach den einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB), des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) betrifft.
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
13. Kindeswohlentscheidungen
Zusammenfassung
Psychologische und psychiatrische Gutachten stellen eine beachtliche Hilfe für die am Kindeswohl orientierten Entscheidungen des Familiengerichtes dar. Daher werden solche Sachverständigengutachten in einer Vielzahl von Fällen angefordert. Zwar besteht dazu keine Verpflichtung der Gerichte. Sehen sie davon ab, müssen sie jedoch eine andere zuverlässige Entscheidungsgrundlage haben (BVerfG BeckRS 2006, 21820).
Nach einem kurzen Überblick (Abschn. 13.1) werden zunächst die Voraussetzungen eines solchen Gutachtens (Abschn. 13.2) und danach die Sachverhalte geschildert, in welchen Gutachten erforderlich sind (Abschn. 13.3). Dabei wird auf Sorgerechtsentscheidungen eingegangen (Abschn. 13.3.1.1), ferner auf das Umgangsrecht (Abschn. 13.3.2), das Auskunftsrecht (Abschn. 13.3.3), die kindesschutzrechtlichen Maßnahmen (Abschn. 13.3.4), die nicht medizinisch indizierte Beschneidung einwilligungsunfähiger männlicher Kinder (Abschn. 13.3.5), die mit Freiheitsentzug verbundene Unterbringung Minderjähriger (Abschn. 13.3.6), die Behandlung von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (Abschn. 13.3.7) sowie die Verbleibensanordnung (Abschn. 13.3.8 und 13.3.9). Anschließend erfolgt eine Erörterung der Anforderungen an die Gutachten (Abschn. 13.4). Praktische Relevanz hat darüber hinaus insbesondere die Sachverständigentätigkeit im Rahmen einer Anordnung gem. § 163 Abs. 2 FamFG (Abschn. 13.5).
Frank Schneider, Helmut Frister, Dirk Olzen
Backmatter
Metadaten
Titel
Begutachtung psychischer Störungen
verfasst von
Frank Schneider
Helmut Frister
Dirk Olzen
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-69628-6
Print ISBN
978-3-662-69627-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-69628-6