01.12.2015 | Beiträge zum Themenschwerpunkt
„Structural Lag“ und Möglichkeitsräume des Alterns am Beispiel zentraler Transitionen
Erste Befunde eines neuartigen Disziplinentrialogs zwischen Diakoniewissenschaft, Psychologie und Theologie
Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 8/2015
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Hintergrund
Obwohl Interdisziplinarität in der Gerontologie unbestritten viele Facetten besitzt, ist meist eine Engführung im Sinne eines Zusammenwirkens von psychologischen, soziologischen und biologisch-medizinischen Forschungszugängen zu beobachten. Wir argumentieren, dass Gerontologie die Auseinandersetzung mit neuen Disziplinkonstellationen benötigt, um Altern in seiner Vielschichtigkeit besser verstehen zu können und dieses Wissenschaftsfeld als Ganzes weiterzuentwickeln.
Ziel der Arbeit
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht daher der Versuch, mithilfe eines neuartigen Disziplinentrialogs zwischen Expertinnen und Experten aus Psychologie, Theologie und Diakoniewissenschaft zu einem besseren Verständnis des in der Gerontologie häufig diskutierten Konzepts einer „strukturellen Verzögerung“ („Structural Lag“) beizutragen (Riley et al., Age and structural lag, New York, 1994).
Material und Methoden
Konstitutiv dafür ist unserer These zufolge die Wahrnehmung von „Möglichkeitsräumen“, die sich in den verschiedenen Phasen des Alterns ausmachen lassen. Eine pilotartig angelegte empirische Annäherung erfolgte anhand von 3 leitfadengestützten Fokusgruppeninterviews zu 3 Lebensübergängen (Lebensübergang in den Ruhestand, in eine Pflegebedürftigkeit im häuslichen Umfeld und in ein Leben im Pflegeheim). Das Datenmaterial wurde mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse
Die interdisziplinär orientierte Auswertung der Interviews und die Erkundung der Konzepte in dem hier realisierten Disziplinentrialog ergaben, dass insbesondere der Aspekt der Zeitwahrnehmung bei der Auslegung von „Gewinnen und Verlusten“ sowie „Teilhabe“ eine wichtige Rolle spielt und somit für ein vertieftes Verständnis von Alternsprozessen bedeutsam ist. Vor allem die subjektive Deutung der verbleibenden Lebenszeit und die vorgegebene oder selbst gewählte Zeitstrukturierung des Alltags präsentierten sich als wichtige Faktoren der Wahrnehmung eigener Potenziale und Möglichkeitsräume in den untersuchten Übergängen.
Schlussfolgerung
Durch das Zusammenwirken der beteiligten Disziplinen konnten so Aspekte des Alterns in ihrer Interdependenz sichtbar gemacht werden. Zugleich zeigte dieser pilotartig durchgeführte Disziplinentrialog die Herausforderungen perspektivenübergreifender Kooperation etwa bei der Verknüpfung empirischer und hermeneutischer Methodiken.
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