01.08.2009 | Originalarbeit
Behandlung der Dysphagie in einem klinisch-geriatrischen Setting: funktionelle Dysphagietherapie und PEG-Einsatz
Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 4/2009
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Eine nasogastrale Sonde (NSG) oder eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist bei Dysphagie dann indiziert, wenn eine ausreichende Flüssigkeits- und/oder Nahrungszufuhr auf oralem Wege nicht aspirationsfrei möglich ist. Die Entscheidung über den richtigen Interventionszeitpunkt und die adäquate Methode wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die vorliegende Studie geht der Frage nach, welchen Einfluss die funktionelle Dysphagietherapie mit oder ohne PEG-Anlage auf die Nahrungsaufnahme von Patienten mit Dysphagie hat.
In der retrospektiven Untersuchung eines Zentrums für Akutgeriatrie (EGZB) wurden 164 Dysphagiepatienten innerhalb eines Jahres in zwei Gruppen unterteilt: Dysphagiepatienten mit PEG (Gruppe 1; n=59) und Dysphagiepatienten ohne PEG (Gruppe 2; n=105). Beide Gruppen wurden nach der funktionellen Dysphagietherapie von Sprachtherapeuten behandelt.
Erhoben wurde das Geriatrische Basisassessment, die logopädische Diagnostik zur Einschätzung der Schluckfunktion und der Nahrungsaufnahme, sowie der Sprechverständlichkeit und der kommunikativen Leistungen. Es wurden ein Ernährungsplan bei Dysphagie mit fünf Viskositätsstufen und angedickte Getränke eingesetzt. Zusätzlich gingen der Zeitpunkt der PEG-Versorgung, Krankenhausverweildauer, die Anzahl der Komplikationen und die Mortalität in die Untersuchung ein.
Die Ergebnisse zeigten, dass beide Untersuchungsgruppen (mit oder ohne PEG) von der funktionellen Dysphagietherapie profitierten. Die Nahrungsaufnahme der Gruppe 2 konnte im Verlauf der Therapie signifikant verbessert werden. Es zeigten sich Steigerungen der Koststufe von breiiger Konsistenz bis zu festen Speisen. Die Schluckleistung der Gruppe 2 war damit bei Entlassung deutlich besser als bei den schwer gestörten Patienten der Gruppe 1. Die Patienten der Gruppe 1 konnten bei Entlassung zwar weitgehend oral ernährt (in Kombination mit der PEG) werden, waren aber in der Regel auf diätetische Maßnahmen (z. B. Breikost, Andicken von Getränken) angewiesen. Die Therapieverläufe zeigen aber, dass auch die schwer gestörten Dysphagiepatienten (Gruppe 1) trotz eines geringeren Rehapotentials signifikant von der Schlucktherapie profitierten.
Die Patienten der Gruppe 2 zeigten zusätzlich im Bereich der kommunikativen Leistungen und der Sprechverständlichkeit signifikant höhere Verbesserungswerte als die schwer gestörten Dysphagiepatienten (Gruppe 1).
Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass je früher eine PEG angelegt wurde, desto stärker die Schluckfunktion (FOIS) der Patienten gesteigert wurde. Die Ergebnisse einer multiplen Regressionsanalyse zeigten bei Gruppe 1 geringe aber dennoch signifikante Zusammenhänge zwischen einer frühzeitigen Versorgung mit PEG und den Verbesserungen der oralen Nahrungsaufnahme durch die funktionelle Dysphagietherapie.
Die Gruppe 1 wies signifikant mehr Komplikationen und eine signifikant höhere Mortalität auf als die Patienten der Gruppe 2, die nicht mit PEG versorgt war.
Die Ergebnisse belegen, wie wichtig eine präzise Schluckdiagnostik ist, um eine frühzeitige PEG-Versorgung gezielt bei persistierenden Dysphagien einzuleiten. Die Behandlung der Dysphagie in der Geriatrie erfordert einen multidisziplinären Ansatz, ein differenziertes Assessment und eine auf die spezifische Störung angepasste logopädische Übungsbehandlung.
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