Zusammenfassung
Das Nebeneinander von gesetzlicher (GKV) und privater Krankenvollversicherung (PKV) in Deutschland ist europaweit einzigartig. Die GKV gewährleistet nicht nur Risiko-, sondern auch Einkommenssolidarität. Die Schwächen der GKV-Finanzierung liegen vor allem in Gerechtigkeits- und Nachhaltigkeitsdefiziten. Die PKV kann durch die Orientierung am Äquivalenzprinzip nur ein Mindestmaß an Risikosolidarität gewährleisten. Die Kalkulation von Alterungsrückstellungen führt zudem zu einer Abhängigkeit vom Kapitalmarkt und macht einen Wechsel innerhalb der PKV nahezu unmöglich. Der Wechsel von überdurchschnittlich gesunden und einkommensstarken Versicherten in die PKV schwächt die Finanzierungsbasis der GKV. Unterschiedliche Vergütungssysteme in den beiden Versicherungssystemen führen zu einer bevorzugten Behandlung von privat versicherten Patienten und allokativen Fehlanreizen bei der Niederlassungsentscheidung von Ärzten. Ein höherer Anteil von Steuerfinanzierung könnte die Finanzierungsbasis in der GKV verbreitern. Eine Umstellung auf pauschale Beiträge würde die Einkommensumverteilung in das Steuersystem verlagern. Letztlich könnte im Rahmen einer Bürgerversicherung eine schrittweise Integration der beiden Versicherungssysteme erreicht werden.