Hintergrund
In der Luftfahrt werden Flugunfälle detailliert untersucht, um eine Wiederholung durch vergleichbare Ursachen möglichst zu verhindern und neue Strategien zur Unfallprävention entwickeln zu können. Aus den Flugunfalldaten können auch notfallmedizinisch relevante Implikationen abgeleitet werden. Ziel der vorliegenden Studie war die Analyse von Unfalldaten aus der deutschen Luftfahrt zwischen 1993 und 2007 mit Ableitung einer Risikoabschätzung für die durchschnittliche Anzahl der verletzten Personen und den Schweregrad der erlittenen Verletzungen.
Material und Methoden
Zur Erfassung der Flugunfälle im Untersuchungszeitraum (1993–2007) wurden die Unfallberichte der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) analysiert. In Abhängigkeit der Luftfahrzeugklasse wurden die Anzahl der Flugunfälle und die Anzahl der verletzten (ANI) oder getöteten Personen (ANK) kategorisiert bzw. ermittelt sowie deren Auftretenswahrscheinlichkeiten berechnet. Weiterhin wurden relative Risiken bestimmt und die durchschnittlichen Opferzahlen mit der Luftfahrzeugklasse korreliert. Die statistische Analyse erfolgte mit STATISTIKA® und SPSS®.
Ergebnisse
Im Untersuchungszeitraum wurden n=5259 Flugunfälle analysiert. Die durchschnittliche Zahl von schwer (ANI) und tödlich Verletzten (ANK) korrelierte mit der Größe bzw. Kapazität des Luftfahrzeugs (p<0,05). Die meisten Unfälle ereigneten sich in den Kategorien Segelflugzeuge (n=1930, 36,7%) und einmotorige Flugzeuge mit einem Abfluggewicht unter 2 Tonnen (n=1929, 36,7%). Das höchste Risiko, bei einem Flugunfall schwere Verletzungen zu erleiden (POS), wurde bei Freiballonen (in 72,9% der Unfälle), Segelflugzeugen (POS=15,18%) und Hubschraubern (POS=12,02%) errechnet. Das höchste Risiko, bei einem Unfall tödliche Verletzungen zu erleiden (POF) bestand bei Flugzeugen zwischen 2 und 5,7 Tonnen (POF=23,08%), Hubschraubern (POF=17,05%) und Flugzeugen <2 Tonnen (POF=13,95%).
Schlussfolgerungen
Obwohl die zugrunde liegenden Ursachen multifaktoriell und schwer zu identifizieren sind, können die Ergebnisse praktisch umgesetzt werden: So kann beispielsweise die logistische Planung von Rettungseinsätzen bei Flugzeugunfällen optimiert werden. Die meisten Unfälle ereignen sich bei einmotorigen Propellerflugzeugen und Segelflugzeugen (insgesamt 70–80% der Fälle), zumeist bei Start oder Landung (insgesamt 62% der Fälle). Entsprechend sollte hier bei der Alarmierung von einer mittleren Anzahl von 1–2 verletzten bzw. getöteten Personen ausgegangen werden, wenn die Luftfahrzeugklasse bekannt ist.