Ergebnisse eines internationalen Surveys legen nahe, dass die Aufklärung über Nebenwirkungen einer Brustkrebstherapie häufig unzureichend ausfällt bzw. zu spät erfolgt.
Ein bedeutsamer Teil von Brustkrebsbetroffenen fühlt sich nicht ausreichend oder zu spät über Nebenwirkungen von onkologischen Therapien informiert. Das ist eines der Kernergebnisse, das ein Team um Antonio Di Meglio, Institut Gustave Roussy, Villejuif, Frankreich, aus einer internationalen Befragungsstudie berichtet. An dem online durchgeführten Survey hatten zwischen Juni und August 2023 insgesamt 608 Personen aus Brasilien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Spanien teilgenommen. Das Gros der Befragten hatte sich als Frauen identifiziert (92%). Rekrutiert worden waren Patientinnen und Patienten mit frühem Brustkrebs, die sich einer primären Behandlung (Chemotherapie, Operation, Radiotherapie u.a.) und/oder einer adjuvanten endokrinen Therapie unterzogen.
Je nach spezifischer Nebenwirkung berichteten zwischen 14% und 47% der Teilnehmenden, dass sie Informationen über die jeweilige Nebenwirkung erst erhalten hätten, nachdem diese bei ihnen aufgetreten sei. Und fast 44% gaben an, von Behandelnden nur unzureichend oder gar nicht über unerwünschte Ereignisse informiert worden zu sein. Das erscheint insbesondere auch vor dem Hintergrund problematisch, dass eine substanzielle Gruppe der Teilnehmenden berichtete, dass die Nebenwirkungen ihre Lebensqualität „stark“ oder „sehr stark“ geschmälert hätte (die Anteile variierten je nach Nebenwirkung und Therapie [primäre vs. endokrine Therapie] zwischen 27% und 72%). Fast die Hälfte (45%) hatte dem Forschungsteam zurückgemeldet, dass bei ihnen die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen habe angepasst, pausiert oder beendet werden müssen.
Als idealen Zeitpunkt für Informationen über Nebenwirkungen erachteten die meisten primär die Zeit vor oder sofort nach dem Start der Therapie (je nach Art und Inhalt der Informationen sagten das 66% bis 74% der Befragten).
Im Schnitt waren Gespräche über Nebenwirkungen nur in der Hälfte der Fälle vom Gesundheitspersonal initiiert worden, ansonsten von den Betroffenen selbst.
Freunde, Familie und andere Betroffene waren in der Befragung von einigen ebenfalls als relevante Support- bzw. Informationsquelle benannt worden. So gaben etwa 34% derjenigen an, die sich einer endokrinen Therapie unterzogen, sich in puncto Nebenwirkungsmanagement auch auf Familie und Freunde zu verlassen.
„Diese Umfrage betont die Relevanz der Bereitstellung umfassender und rechtzeitiger Informationen über Nebenwirkungen für Patientinnen und Patienten, die sich einer Behandlung von frühem Brustkrebs unterziehen“, resümieren Di Meglio und sein Team. Eine frühe und umfassende Kommunikation über mögliche Nebenwirkungen könne den Betroffenen helfen, sich besser auf solche Nebenwirkungen vorzubereiten und besser damit umzugehen.
Limitationen der Studie
Die breite internationale Ausrichtung der Studie ist Vorteil und Nachteil zugleich: Einerseits sind dadurch Erfahrungen aus unterschiedlichen Gesundheitssystemen und Gesellschaften repräsentiert; die Ergebnisse sind dadurch aber weniger gut auf einzelne Länder übertragbar. Ein gewisser limitierender Faktor ist auch, dass alle Daten (inkl. Diagnosen und Behandlung) im Selbstbericht erhoben wurden. So muss zum Beispiel offen bleiben, ob bestimmte Informationen tatsächlich nicht zur Verfügung gestellt wurden oder aber von den Betroffenen nicht aufgenommen bzw. verarbeitet werden konnten. Dass die Befragung online durchgeführt wurde, kann zudem technikaffinere jüngere Betroffene bevorzugt haben (58% der Befragten waren unter 50 Jahre alt).
Quelle: Springer Medizin
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Fühlen sich Brustkrebsbetroffene ausreichend über Therapienebenwirkungen informiert? Antwort: Nach einer internationalen Online-Befragung ist das nur bedingt der Fall. Viele Menschen mit frühem Brustkrebs fühlen sich zu wenig und zu spät über etwaige Nebenwirkungen informiert. Bedeutung: Das Studienteam betont die Notwendigkeit einer proaktiven, umfassenden Aufklärung über Nebenwirkungen einer Brustkrebstherapie. Einschränkung: Recht hohes Risiko von Selektionseffekten. Alle Angaben basieren auf Selbstberichten. |