Im Jahr 2011 wurden ca. 99.000 Begutachtungen zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens durchgeführt. In der vorliegenden Untersuchung wurden daher die Formulargutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und freier Pflegesachverständiger hinsichtlich Diskrepanzen bei der zeitlichen Bemessung für Hilfen bei den Verrichtungen der Grundpflege analysiert.
Es wurden alle Fälle der Jahre 2010–2012 aus dem Sachgebiet Pflegeversicherung einer überregional tätigen Rechtsanwaltskanzlei identifiziert, bei denen neben dem standardisierten Formulargutachten des MDK auch standardisierte Formulargutachten freier Pflegesachverständiger vorhanden waren. In die Datenauswertung konnten 87 von 139 Fällen hinsichtlich der Einschätzungen des jeweiligen Zeitbedarfs für einzelne Verrichtungen aufgenommen werden.
Es fanden sich signifikante Unterschiede in der Einschätzung der zeitlichen Bemessung für Hilfen bei den einzelnen definierten Verrichtungen. Zugleich zeigt sich, dass die zeitlichen Bemessungen für die Verrichtungen der Grundpflege eine hohe Streuung aufwiesen.
Die festgestellte Streuung der einzelnen Zeitbedarfe macht deutlich, dass die Bemessung der Hilfen sowohl bei den Gutachtern des MDK als auch bei den freien Pflegesachverständigen unterschiedlich erfolgte. Vor dem Hintergrund der Individualität von Pflege dürfte es schwierig sein, Normzeiten für Hilfen zu entwickeln bzw. zu nutzen.