01.05.2013 | Originalien
Dekontamination vor dem Krankenhaus
Handlungskonzepte für den Massenanfall von CRBN-Verletzten
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 3/2013
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Hintergrund
Ereignisse mit einer Freisetzung von gefährlichen Stoffen oder Erregern, zusammengefasst zur Gruppe der CBRN-Lagen, sind jederzeit, überall und in jedem Schweregrad möglich. Entsprechend müssen sich alle Krankenhäuser auf die Aufnahme von nicht oder nicht ausreichend dekontaminierten Patienten beim Massenanfall von CBRN-Patienten vorbereiten. Die Möglichkeiten der Krankenhäuser zur Bereitstellung von Material über den finanzierten Versorgungsauftrag hinaus und die beschränkten Zeitressourcen der Mitarbeiter führen zu den Fragen, ob vorhandene Einrichtungen eines Krankenhauses genutzt werden können oder durch spezifisches Material ergänzt werden müssen, um eine Dekontamination beim Massenanfall von CBRN-Patienten durchzuführen.
Material und Methode
Es wurde in der Rettungswagenanfahrt des Krankenhauses eine neu konzipierte Dekontaminationsstelle ausschließlich mit kliniküblichem Material durch 9 nicht spezifisch geschulte Mitarbeiter verschiedener, auch nichtmedizinischer Abteilungen aufgebaut und betrieben. 26 Freiwillige wurden mit einem nicht direkt sichtbaren (Fluoreszin) sowie einem sichtbaren Kontaminationssimulationsstoff (Mehl) standardisiert beaufschlagt. Die Dekontamination der gehfähigen und liegenden Patienten erfolgte mit Wasser, einer kliniküblichen Waschsubstanz und Haushaltsschwämmen. Alle Patienten wurden bei Ankunft registriert. Die Registriernummer wurde über ein Patientenidentifikationsarmband, eine laminierte Umhängekarte und Faserschreiberbeschriftung am Handrücken angebracht. Nach der Dekontamination wurde jeder Proband unter Normal- und Schwarzlicht auf Restkontaminationen untersucht. Befragungen der Probanden und Mitarbeiter ermöglichten die Beurteilung der Abläufe und Belastungen an der Einsatzstelle.
Ergebnisse
Der Aufbau der Dekontaminationsstelle war unproblematisch und binnen 18 min abgeschlossen. Für die Dekontamination der 26 Probanden wurden 90 min benötigt. Lediglich bei 16 Probanden (61,5%) konnte nach Durchlaufen der Dekontaminationsstrecke eine vollständige Entfernung der sichtbaren Kontamination attestiert werden. Bei dem unter normalem Licht nicht sichtbaren Stoff gelang es nur bei sieben Probanden (26,9%), diesen im erwünschten Umfang zu entfernen. Die Durchlaufkapazität der Einheit war geringer als gemäß Standardformel errechnet. Als Engpass erwies sich die Dekon-Ankunftstelle, nicht die Anzahl der Duscheinheiten. Die körperliche Belastung der Mitarbeiter in den Gebläseatemschutzanzügen war unkritisch, allerdings wurde die eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit aus dem Schutzanzug heraus als belastend eingestuft. Nur die Umhängekarten erlaubten eine sachgerechte Dekontamination und eine sichere Identifikation während und nach der Dekontamination.
Schlussfolgerungen
Die Praxiserprobung zeigt, dass eine Dekontaminationsstelle mit kliniküblichem Material durch 9 nicht geschulte Mitarbeiter zeitgerecht aufzubauen und zu betreiben ist. Die Durchführung der Dekontamination erfordert spezifische Kenntnisse und praktische Erfahrung, sodass regelmäßige Schulungen und Übungen zwingend sind. Zur Beurteilung der Durchlaufkapazität muss der einrichtungsindividuelle Engpassfaktor ermittelt und als Grundlage der Berechnung genutzt werden. Eine sichere Registrierung ist nur mit Umhängekarten gegeben.
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