18.12.2023 | Originalien
Angeborene Fehlbildungen des Gehirns als Folgezustände der Poliomyelitis verkannt
Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 5/2024
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Hintergrund
Die Poliomyelitis ist eine Erkrankung des peripheren Motoneurons, die vorwiegend Kinder betrifft und mit residualen Lähmungen einhergeht. Aufgrund der in den Jahren 1960 und 1962 eingeführten Poliomyelitis-Schluckimpfung und der darauffolgenden raschen Abnahme der Inzidenz der Erkrankungen ist das Postpoliosyndrom in Deutschland eine Erkrankung älterer Menschen.
Methodik
Seit 2008 besteht am Geriatrischen Zentrum des Evangelischen Krankenhauses Göttingen-Weende eine Poliomyelitis-Sprechstunde, bei der bisher insgesamt 33 Patienten betreut wurden.
Ergebnisse
Das Spektrum der persistierenden Defizite nach einer Poliomyelitis reicht von Paresen an einer einzelnen Extremität bis zu Schwerstbehinderung mit (temporärer) Beatmungspflichtigkeit. Viele Patienten leiden unter z. T. erheblichen Skoliosen und Extremitätenverkürzungen, die degenerative Wirbelsäulen- und Gelenkerkrankungen mit sekundären Schädigungen von Myelon, Spinalwurzeln oder peripheren Nerven sowie respiratorische Probleme zur Folge haben. Für das Postpoliosyndrom charakteristisch ist eine Zunahme der funktionellen Beeinträchtigung nach Jahrzehnten einer kompensierten Behinderung. Die Paresen bei 2 der 33 Patienten waren nicht durch eine Poliomyelitis, sondern durch eine Myelomeningozele sowie eine Schizenzephalie bedingt.
Schlussfolgerung
Die in der Kindheit erworbene Behinderung gestattet, sofern sie nicht zu schwer ist, zahlreichen Patienten, ihr Leben erfolgreich zu meistern. Aufgrund der geringeren Kompensationsmöglichkeiten kann bereits eine geringe Zunahme der Paresen im Alter zu einer erheblichen Verschlimmerung der funktionellen Beeinträchtigung und Verminderung der Selbsthilfefähigkeit führen. Bei einem beträchtlichen Teil der Patienten mit der Diagnose einer Poliomyelitis liegen den Lähmungen andere Erkrankungen zugrunde.
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