Infusionslösungen sind bedeutende Instrumente in der Hand von Notärzten und Intensivmedizinern. Trotzdem werden sie speziell in der Notfallsituation oft nicht als Medikamente mit Wirkungen und Nebenwirkungen behandelt, also mit genauen therapeutischen Zielvorstellungen gewissenhaft indiziert und exakt dosiert, sondern dem Kreislauf eher pauschal und im Zweifel im Überschuss angeboten. Dies muss nicht von Vorteil für das Gesamt-Outcome des Patienten sein, wenngleich makrohämodynamische Kennzahlen unter diesem etablierten Vorgehen während der präklinischen Reanimationsphase kurzfristig größere Stabilität suggerieren. Potenziell negative Folgen wirken sich erst im weiteren klinischen Verlauf und damit außerhalb des notärztlichen Blickfeldes aus. Dieser Interessenkonflikt führt immer wieder zu nur wenig zielorientierten Diskussionen an der Schnittstelle zwischen Präklinik und Klinik.
Moderne Infusionsmaßnahmen sollten nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Gesamtkontext einer Kreislauftherapie, die physiologischen und pathophysiologischen Grundsätzen ebenso gerecht wird wie der individuellen Situation des Patienten. Dies erfordert vom Notarzt genaue Kenntnisse der Physiologie von Kompartimenten und Barrieren im menschlichen Organismus. Zudem ist hohe Flexibilität und ein zeitgemäßes Repertoire zu fordern, das Flüssigkeit von Volumen unterscheidet und die Anwendung von Vasopressoren und Inotropika beinhaltet.