01.12.2015 | Leitthema
Umgang mit Massenanfällen von Verletzten nach Terroranschlägen
Grundsätze und Erfahrungswerte
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Sonderheft 2/2015
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Zielsetzung
Im vorliegenden Beitrag sollen die evidenzbasierten Erkenntnisse und Richtlinien zur Vorbereitung von Gesundheitssystemen auf Terroranschläge beschrieben werden.
Methoden
Die themarelevante Literatur wurde gesichtet und geprüft. Ein Schwerpunkt lag dabei auf Daten zur Zweiten Intifada von 2000 bis 2005.
Ergebnisse
Die entscheidenden Elemente im Umgang mit Terroranschlägen sind nicht etwa klinische Leitlinien und Protokolle, sondern Organisation, Führungsstrukturen, Kontrolle, Kommunikation und Koordination (engl. Abkürzung: OCCCC). Die Formulierung allgemeingültiger Handlungsanweisungen für den Fall eines Terroranschlags ist problematisch, da große Unterschiede in den Verletzungen, der Zeit bis zur Evakuierung und Behandlung sowie im Vorbereitungsstand der Kliniken bestehen können. Im Allgemeinen erleiden Terroropfer schwerere Verletzungen als die Opfer anderer Schadensereignisse, im Krankenhaus beanspruchen sie mehr Ressourcen. Der wichtigste klinische Parameter bei Traumata nach Sprengstoffanschlägen ist das Auftreten verschiedener Formen von schweren Verletzungen beim einzelnen Patienten. Dadurch wird die Triage erschwert, weshalb eine dichotome Unterscheidung zwischen „dringenden“ und „nichtdringenden“ Patienten sinnvoller sein kann als das klassische System der farblichen Codierung. Der Zustrom von Schwerverletzten sorgt im Krankenhaus häufig für Engpässe, insbesondere in der Notaufnahme, auf der Intensivstation, in der Bildgebung und in den Operationssälen.
Schlussfolgerungen
Die wichtigsten Richtlinien für die Vorbereitung von Gesundheitssystemen auf Terroranschläge sind die Etablierung einer zentralen Stelle für die Koordination der Vorbereitungen und des Einsatzes im Ernstfall; die Formulierung klarer Vorbereitungsziele; die Definition von Standard Operating Procedures auf allen Organisationsebenen; die Erhöhung von Reservekapazitäten; die schnelle Räumung von Notaufnahmen für „dringende“ Opfer bei gleichzeitiger Umleitung „nichtdringender“ Patienten; die schnelle Verstärkung der Notaufnahme durch zusätzliches Personal; die Verteilung schwer verletzter Opfer zwischen nahe gelegenen Kliniken mit eventueller Definition des nächstgelegenen Krankenhauses als Triageklinik; Schulungen und Übungen für das medizinische Personal auf allen Ebenen.
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