01.05.2013 | Kasuistiken
Pädiatrische Ertrinkungsunfälle unter verschiedenen äußeren Bedingungen mit unterschiedlichem Outcome
Erfolgreiche Wiedererwärmung mittels Wärmedecke
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 3/2013
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Hintergrund
Ertrinkungsunfälle, v. a. im Kindesalter, stellen die Retter oftmals vor große Probleme. Die richtige Klinikwahl, die richtige präklinische und anschließende klinische Therapie sowie die manchmal emotional und psychisch gefärbten Entscheidungen der Behandler sind wegweisend für das Outcome des Patienten. Dass es trotz schlechtester Ausgangsbedingungen zu einem überraschend guten Ergebnis kommen und sich eine maximale und lang dauernde Therapie lohnen kann, wird anhand von 2 Kasuistiken gezeigt.
Ziel der Arbeit
Häufig werden medizinische Rettungs- und Reanimationsmaßnahmen nicht leitliniengerecht durchgeführt, vielfach sicherlich auch aus Unkenntnis der aktuellen Empfehlungen des ERC. Anhand von 2 ausführlich dargestellten Kasuistiken (positives und negatives Outcome trotz erfolgreicher Reanimation) sollen die aktuell empfohlenen Rettungsmaßnahmen bei einem pädiatrischen Ertrinkungsunfall dargestellt und vor dem Hintergrund der aktuellen Reanimationsempfehlungen bei Hypothermie und Ertrinken diskutiert werden. Des Weiteren sollen anhand der Kasuistiken alternative Behandlungsmöglichkeiten zum Goldstandard der Wiedererwärmung mit der HLM aufgezeigt werden. Provokative Fragestellung: „Behandlungsklinik mit Herz-Lungen-Maschine um jeden Preis?“
Material und Methoden
Auswertung von 2 Kindernotfällen anhand der Notarztprotokolle und der klinischen Behandlungsdokumentationen, radiologischen Befunde, Laborbefunde, Gutachten und Diskussion sowie des Vergleichs beider Kasuistiken vor dem Hintergrund der Behandlungsempfehlungen.
Ergebnisse
Beide Kasuistiken unterstreichen den hohen Stellenwert einer suffizienten Ersthelferreanimation und Erstversorgung am Unfallort, eines raschen Transports und ununterbrochener ausdauernder kardiopulmonaler Reanimationsmaßnahmen unter suffizienter Wiedererwärmung. Wann immer möglich, sollte als primäres Behandlungszentrum bei schwer hypothermen kreislaufinstabilen Patienten ein Zentrum mit der Möglichkeit zur extrakorporalen Erwärmung (HLM, ECMO) ausgewählt werden. Dass eine erfolgreiche Wiedererwärmung eines schwer hypothermen reanimationspflichtigen Kindes auch mit scheinbar einfachen Mitteln wie Wärmegebläsedecke durchführbar ist, wenn eine Behandlung mittels HLM in einem Herzzentrum nicht möglich ist oder abgelehnt wird, konnte mit der 1. Kasuistik eindrucksvoll gezeigt werden. Dennoch muss in jedem Einzelfall die Möglichkeit einer Wiedererwärmung an der HLM oder ECMO kritisch geprüft bzw. die Sinnhaftigkeit alternativer Wiedererwärmungsmaßnahmen hinterfragt werden.
Schlussfolgerung
Für Ertrinkungsopfer kann in der Initialphase keine sichere Prognose bezüglich des neurologischen Outcome abgegeben werden, was für eine großzügige Reanimation und Intensivtherapie spricht. Eine frühzeitige und bei Unterkühlung lange Reanimationszeit ist überlebenswichtig. Die intraossäre Nadel sollte als primärer Zugangsweg bei der Reanimation und bei kalten Extremitäten erwogen werden, wenn nicht zeitgerecht ein intravenöser Zugang etabliert werden kann. Bei reanimationspflichtigen Patienten sollten Wiedererwärmungsmaßnahmen an einer HLM/ECMO versucht werden, bei Nichtverfügbarkeit sollten alternative Wiedererwärmungsmaßnahmen überdacht werden. Eine langsame Wiedererwärmung nach Beibehalten einer milden Hypothermie für 24–48 h sollte angestrebt werden. Eine besondere Bedeutung kommt der Prävention von Ertrinkungsunfällen zu.
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