Hauptergebnisse
In dieser quantitativen Evaluationsstudie sollte untersucht werden, ob Pflegende OMW in der Praxis nutzen. Gleichermaßen war das Ziel zu ermitteln, ob OMW bei den Pflegenden auf Intensivstationen zu einem subjektiv beurteilten Bildungsgewinn führen. Als sekundäre Ziele sollten die Optimierungspotenziale sowie die Bereitschaft, selbst ein OMW zu erstellen, untersucht werden. Insgesamt wurde diese Fortbildungsmethode von den Teilnehmenden positiv bewertet.
Bei einem Rücklauf von rund der Hälfte aller Fragebögen ist die Teilnahme der Pflegenden mit denen der Projektstation (51 %,
n = 45) aus dem Jahr 2016 vergleichbar (Krüger
2017). Ähnlich verhält es sich bei der Bekanntheit der Fortbildungsmethode. Die meisten Teilnehmenden gaben ebenfalls an, die Fortbildungsmethode OMW zu kennen (Krüger
2017). Diese Ergebnisse wurden auch in der Untersuchung am UKSH generiert (Lehnen et al.
2019).
Es bestätigte sich zudem, dass Pflegende Wartezeiten im Dienst zum Lesen von OMW nutzen. Dieses Ergebnis wurde in der digitalen Version der OMW von Jonker et al. (
2016) ebenfalls dargestellt. Somit bietet es sich in der pflegerischen Praxis für arbeitgebende Betriebe an, ein entsprechendes Angebot von OMW für die interessierten Pflegenden und weitere am Versorgungsprozess beteiligte Mitarbeitende vorzuhalten. Wartezeiten entstehen dabei auch länderübergreifend in Settings der Gesundheitsversorgung und können von interessierten Mitarbeitenden zu kurzen Fortbildungen genutzt werden.
Ein subjektiv beurteilter Bildungsgewinn durch OMW findet aus Sicht der Befragten statt. Über die Hälfte der Teilnehmenden gaben dazu auf einer 6‑stufigen Likert-Skala mit den Stufen 1 und 2 an, dass Inhalte aus einem OMW in der direkten Patientinnen- und Patientenversorgung häufig nützlich sind. Hier stützen die Ergebnisse dieser Studie die von Haselinger-Baumann et al. (
2015).
Die Teilnehmenden gaben zusätzlich an, dass ihnen die Informationen aus einem OMW bei einer konkreten pflegerischen Handlung geholfen haben. Auf einer 6‑stufigen Likert-Skala (1 = stimme voll zu bis 6 = stimme gar nicht zu) bestätigten dies rund drei Viertel der Befragten mit den Stufen 1 bis 3. Dieses Ergebnis ist besser als jenes aus der ersten Evaluation von 2016. Hier waren es mit 44 % etwas weniger als die Hälfte der Pflegenden (Krüger
2017). Dabei wurde jedoch eine Erhebung mit dichotomen Antworten (Ja/Nein) durchgeführt. Somit hatten die Teilnehmenden keine Skala zur Auswahl, sondern mussten sich hier entscheiden, ob die Inhalte eines OMW bei einer pflegerischen Handlung hilfreich waren oder nicht. Pflegerische Situationen, in denen Inhalte möglicherweise nur z. T geholfen haben, könnten dabei in der Einschätzung der Teilnehmenden keine Berücksichtigung gefunden haben.
Die bisher verwendeten und während der Evaluationsstudie präsentierten Lernposter waren thematisch breit aufgestellt. Es wurden beispielsweise Themen zur BGA, die Funktionsweise einer Thoraxdrainage oder auch Studienergebnisse zur Bauchlagerung präsentiert. Darüber hinaus zeigte sich in dieser Studie inhaltlich ein direkter praktischer Bezug zur Pflege in unterschiedlicher Ausprägung. Die Pflegenden wünschen neben den bereits vorhandenen OMW-Themen u. a. auch Informationen zu Medikamenten, Krankheitsbildern, der Medizintechnik und Blutgerinnung. Generell sind zusammengefasste Informationen für Pflegende praxisrelevant. Schniering et al. (
2015) stellten ebenso fest, dass sich Pflegende zusammengefasste und komprimierte Informationen wünschen.
Unterschiede zu den Voruntersuchungen gab es in der Anzahl der Aushangorte. Während bei den bisherigen Evaluationen 2 Bereiche präferiert wurden (Krüger
2017; Lehnen et al.
2019), zeigt die aktuelle Erhebung mit rund der Hälfte der Befragten einen Trend zu 3 Aushangorten. Zusätzlich wurden mögliche Wartezonen im Arbeitsalltag von Pflegenden identifiziert, welche zukünftig zielgerichtet pro Station genutzt werden können. Über die Hälfte der Befragten gaben ein 14-tägiges Wechselintervall für OMW an. Zu demselben Ergebnis kommen auch die vorherigen Evaluationen (Krüger
2017; Lehnen et al.
2019). Das Vorgehen kann daher als erster Hinweis gelten, ein praxisnahes Wechselintervall umzusetzen. Über diesen Zeitraum können Pflegende den Lerninhalt beliebig oft lesen. Dieses Vorgehen wird Wiederholungsstrategie genannt und unterstützt das vertiefte Lernen (Löwenstein
2016, S. 29; Frick-Salzmann
2017, S. 31). Lehnen et al. (
2019) kommen hier außerdem zu dem Schluss, dass so auch Pflegende mit einem reduzierten Stellenumfang die Gelegenheit erhalten, möglichst viele Lernposter in der Praxis zu nutzen.
OMW stellen aus der Sicht der Befragten anscheinend ein geeignetes ergänzendes Mittel zur Wissensvermittlung in der Praxis dar. Thematisch waren die dargestellten Inhalte bisher breit gefächert und sollten auch zukünftig nicht nur ausschließlich direkten Praxisbezug haben, sondern beispielsweise auch Forschungsergebnisse aus der Pflegewissenschaft beinhalten. Das von Fessele et al. (
2018) als praxisnah beschriebene Whiteboard teaching ähnelt dabei dem Vorgehen des OMW. Dazu wird jedoch eine deutlich größere Präsentationsfläche benötigt. Außerdem bleibt offen, inwiefern bei dieser Methode ein Verweis oder Bezug auf Literaturquellen zu den dargestellten Themen sichergestellt wird.
OMW stellen ein Tool im Sinne eines Bottom-up-Systems dar (Krüger und Mannebach
2018). Das Engagement Pflegender, selbst ein OMW zu erstellen, variiert in dieser Evaluationsstudie allerdings und zeigt eine breite Verteilung. Anders zeigen sich die Ergebnisse am UKSH. Rund ein Viertel der Befragten kann sich hier vorstellen, selbst ein OMW zu erstellen (Lehnen et al.
2019). In der ersten Evaluation am HDZ NRW waren es mit etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden (Krüger
2017). In dieser Untersuchung ist es mit rund der Hälfte der teilnehmenden Pflegenden etwas weniger. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass nicht nur innerhalb der Pilotstation evaluiert wurde, sondern eine Vollerhebung auf mehreren Intensivstationen stattfand. Innerhalb des UKSH war die Methode in manchen der an der Evaluation teilnehmenden Abteilungen (Lehnen et al.
2019) noch neu. Möglicherweise hat der Zeitaufwand, welcher bei der ersten Erstellung eines OMW höher ist, als wenn eine gewisse Routine eintritt, zu einer Zurückhaltung seitens der Pflegenden geführt.
Die abschließende Gesamtbewertung fiel positiv aus und spricht ebenfalls für OMW als Methode in der Fortbildung. OMW wurden im Median mit der Zensur „gut“ bewertet und im Mittelwert mit 1,90. Im UKSH bewerten die Pflegenden OMW für sich selbst im Mittelwert mit der Zensur 2,20 und zusätzlich den Nutzen für das Kollegium mit 2,10 (Lehnen et al.
2019).
Die Ergebnisse sind somit nahezu gleich und bekräftigen den positiven Beitrag von OMW im Rahmen von Fortbildungsmethoden.
Limitation
Im Rahmen der Evaluationsstudie wurde ein selbst konstruierter Fragebogen entwickelt. Es fand keine umfangreiche, jedoch durch den standardisierten Pretest eine inhaltliche Validierung statt. Bei der Frage zur Berufserfahrung in der Pflege wurde dabei nicht darauf verwiesen, dass die Zeit der grundständigen Pflegeausbildung nicht mitgezählt werden soll. Darüber hinaus wurde die Frage „Bei einer konkreten pflegerischen Handlung hat mir die Information aus einem OMW schon einmal geholfen“ nicht neutral gestellt. Dies kann zu Verzerrungen in der Beantwortung seitens der Pflegenden geführt haben.
Der Rücklauf von rund der Hälfte aller Fragebögen kann als akzeptabel (Weigl
2016), jedoch nicht umfassend gewertet werden. Die Daten wurden ausschließlich auf den Intensivstationen des HDZ NRW mit den Fachrichtungen Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Herztransplantation, Kardiologie sowie Kinderkardiologie und -herzchirurgie erhoben. Somit sind die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere Kliniken/Fachbereiche zu übertragen. In den bisherigen Evaluationen (Krüger
2017; Lehnen et al.
2019) mit kleinen Kohorten wurde ein ähnliches Ziel verfolgt, wie in dieser Evaluationsstudie. Dennoch galt es hier, eine größere Kohorte über mehrere Abteilungen hinweg zu generieren, um aussagekräftigere Daten zu erhalten.