KAEP im internationalen Vergleich
Katastrophenvorsorge und -management bezeichnen Maßnahmen, die vor dem Eintritt einer Katastrophe getroffen werden, mit dem Ziel, zur Minimierung von Personen- und Sachschäden beim Eintritt eines solchen Ereignisses. „Damit Krankenhäuser von Großschadensereignissen oder Katastrophen nicht unvorbereitet getroffen werden, ist eine umfassende Alarm- und Einsatzplanung von entscheidender Bedeutung“ [
14]. Es liegt somit im ureigensten Interesse eines Krankenhauses, Patienten, Personal und Infrastruktur durch eine entsprechende Planung vor Schäden zu bewahren [
9].
Laut unserer Umfrage verfügen alle bis auf eine der antwortenden Kliniken in Baden-Württemberg über einen KAEP. Eine Studie in der Schweiz zeigte, dass von 122 Spitälern mit einer Notaufnahme etwa 82 % einen Plan zur Reaktion auf Katastrophenereignisse haben [
18], dabei ergab sich ein signifikanter Unterschied zwischen privat finanzierten oder mit öffentlichen Mitteln geführten Spitälern. Eine andere Studie aus Singapur berichtete, dass 75,3 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen glaubten, dass ihre Institution auf einen Katastrophenfall vorbereitet sei [
19]. Dagegen haben frühere Studien in den USA ergeben, dass Kliniken meist weniger gut auf Katastrophen vorbereitet waren [
11,
20]. Allerdings nahm nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die Planung in den USA deutlich zu, sodass fast alle Kliniken Pläne für „chemical releases, natural disasters, epidemics and biological incidents“ vorhielten, allerdings hatten nur 80 % Pläne für Explosions- oder Brandkatastrophen [
21]. In der Umfrage von Fischer et al., bei der von 7700 befragten Ärzten des TraumaNetzwerks der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) 15,5 % antworteten, gaben 53,3 % an, dass in ihrer Klinik ein Katastrophenschutzplan vorhanden sei und sie diesen auch kennen würden [
17]. Weidringer et al. eruierten in einer Umfrage im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft von 2006, dass 96 % der Antwortenden einen KAEP besäßen, allerdings hegten die Autoren wegen einer Rücklaufquote von nur 26 % an dieser Angabe selbst Zweifel [
15].
Die Angabe einer Klinik, grundsätzlich einen KAEP zur Verfügung zu haben, ist ein Merkmal, das jedoch keine Aussage über Qualität und Verfügbarkeit dieses Plans zulässt. Nicht nur die Erstellung eines KAEP ist essenziell, sondern auch die Art und Weise der Bekanntgabe sowie die Einweisung des Personals. Die alleinige schriftliche Bekanntmachung ohne regelmäßige Information scheint hier nicht ausreichend zu sein [
15]. Noch vor wenigen Jahren gaben deutsche Krankenhausärzte an, dass sie zwar mehrheitlich einen KAEP hätten, aber 34,3 % keine Einzelheiten kennen würden [
17]. Auch in unserer Untersuchung ist der KAEP in 31 % nur in Schriftform in Sekretariaten oder Abteilungen vorhanden. Es ist somit davon auszugehen, dass auch mindestens ca. einem Drittel der Ärzte in baden-württembergischen Kliniken keine Einzelheiten des KAEP bekannt sind.
Berücksichtigung unterschiedlicher Gefahren- und Schadenslagen
Ein traditioneller und in der Vergangenheit üblicher Ansatz bei der Erstellung eines sinnvollen KAEP war und ist es, zwischen Gefahren- und Schadenslagen zu unterscheiden, die von außen auf die Klinik zukommen (externe Lagen) oder innerhalb der Klinik auftreten (interne Lagen; [
22]). Häufig werden im KAEP zwar ein Massenanfall von Verletzten sowie ein innerklinisches Brandgeschehen behandelt, technische Ausfälle der kritischen Infrastruktur „Krankenhaus“ werden hingegen deutlich seltener bedacht. So führte insbesondere der IT-Ausfall in letzter Zeit an einigen deutschen Kliniken (z. B. Düsseldorf, Köln, Wolfenbüttel, Sigmaringen) zu tage- oder monatelangen Funktionsausfällen: „Der finanzielle Schaden, der durch das Virus entsteht, ließe sich noch nicht beziffern … Aber fest steht: Jeder Tag, an dem der OP stillsteht, sorgt dafür, dass Erlöse verloren gehen“ [
23]. In der vorliegenden Untersuchung gaben nur knapp 80 % der Kliniken an, dass sie sowohl externe als auch interne Schadenslagen im KAEP abbilden. Am wenigsten vorbereitet scheinen Kliniken auf einen Sauerstoffausfall zu sein. Hier muss man bedenken, dass dies auf Intensivstationen innerhalb weniger Minuten zum Tode von beatmeten, hoch sauerstoffpflichtigen Patienten führen könnte [
24]. Ähnliche Ergebnisse zeigte auch eine andere Publikation, in der nur 2 % der Befragten angaben, dass sie Vorsorge für einen Sauerstoffausfall getroffen hätten [
17]. In dieser Publikation findet sich auch, dass in Hinblick auf interne Schadensereignisse ein wesentlicher Unterschied zwischen Fachärzten und Nichtfachärzten besteht, so waren 61 % der Fachärzte sich ihrer Aufgaben bei internen Schadenslagen bewusst, wohingegen dies bei nur 35,3 % der Nichtfachärzte der Fall war [
17].
Neben der separaten Behandlung verschiedener interner und externer Gefahrenlagen im Rahmen des KAEP [
6,
9,
34] erfährt in den letzten Jahren das in seiner Grundkonzeption hiervon abweichende „konsequenzbasierte Modell“ [
14,
34,
37] Beachtung. Dieser noch vergleichsweise neue Ansatz baut im Gegensatz zur traditionellem Einteilung nicht mehr auf der strikten Unterscheidung zwischen internen und externen Lagen auf, sondern basiert auf der Annahme, dass ein Gefahren- oder Schadensereignis unabhängig von seiner Ursache immer nur zwei Auswirkungen auf den klinischen Betrieb hat, nämlich die Überlastung der Versorgungskapazität (z. B. durch einen Mangel an Betten oder Personal [
14]) einerseits und die Einschränkung der Funktionalität des Krankenhauses durch „technische, bauliche oder infrastrukturelle Störungen oder personelle Engpässe“ [
6] andererseits. Die Vorkehrungen des KAEP sind somit stets und in erster Linie auf den „Erhalt und die Wiederherstellung der Funktionalität und der Behandlungskapazität“ [
6] ausgerichtet. Hierdurch soll zum einen die Komplexität der Krankenhausalarm- und -einsatzplanung reduziert werden [
14], zum anderen soll das „konsequenzbasierte Modell“ der durch die traditionelle Einteilung in externe und interne Lagen vermittelten Annahme entgegenwirken, das Krankenhaus sei lediglich für die Bewältigung von internen Gefahrenlagen selbst verantwortlich, bei externen Gefahrenlagen jedoch nicht [
14,
34].
Im Rahmen der für diese Arbeit durchgeführten Umfrage gaben 26 der insgesamt 135 (19,3 %) antwortenden Krankenhäuser an, in ihrem KAEP nicht zwischen externen und internen Gefahrenlagen zu unterscheiden. Nicht untersucht wurde jedoch, ob dies real der Fall ist, d. h., ob in den betreffenden Kliniken bereits das „konsequenzbasierte Modell“ implementiert worden ist, oder ob andere Gründe für die fehlende Unterscheidung ursächlich sind.
Unsere Erhebung wurde im süddeutschen Raum – genauer im Bundesland Baden-Württemberg – durchgeführt. Ob und inwieweit die gewonnen Ergebnisse repräsentativ für ganz Deutschland sind, kann nicht beurteilt werden. Die Literatur zeigt jedoch ähnliche Entwicklungen zur sukzessiven Verbesserung der KAEP auch in anderen Bundesländern. So wird den 38 Berliner Aufnahmekrankenhäusern beispielsweise ein „Leitfaden Krankenhausalarmplanung“ als Hilfestellung für einen einheitlichen KAEP zur Verfügung gestellt. Zudem finden bereits seit 1985 in allen Berliner Aufnahmekrankenhäusern im 3‑Jahres-Turnus regelmäßige, unangekündigte „Vollübungen zur Erprobung der Einsatzbereitschaft … des Krankenhauses und der Praktikabilität der aufgestellten Einsatzpläne“ [
35] statt, die im Nachgang seitens der zuständigen Senatsverwaltung und der Krankenhausleitung ausgewertet werden. Als weitere beispielhafte Maßnahmen in der Bundeshauptstadt sind die Einführung eines verpflichtenden Krankenhaus-Sichtungsalgorithmus für den MANV an allen Berliner Kliniken und die Implementierung eines Schulungskonzepts hierzu zu nennen [
36]. In einigen weiteren Bundesländern existieren ebenfalls gesetzliche Verpflichtungen für Kliniken zur Mitwirkung an Übungen (z. B. in Hamburg [
37], Hessen [
40] oder Thüringen [
41]), die teilweise auch von staatlicher Seite finanziert und ohne Ankündigung angeordnet werden. In Niedersachsen wurde im Jahr 2008 unter Beteiligung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), des niedersächsischen Innenministeriums und weiterer Stellen eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die einen Leitfaden für die einheitliche Erstellung eines KAEP („Niedersächsisches Muster“) ausgearbeitet hat [
38]. Im Freistaat Bayern stellt das Bayerische Staatsministerium des Innern den Krankenhäusern in Form von einheitlichen „Hinweisen für das Anlegen von Krankenhaus-Alarm- und Einsatzplänen“ Anhaltspunkte und Beispielvordrucke für die Erstellung des KAEP zur Verfügung [
39]. In Thüringen wurde der Status der Krankenhausalarm- und -einsatzplanung 2017 im Rahmen einer Kleinen Anfrage des Thüringer Landtags beleuchtet. Demnach sind auch in Thüringen aufgrund des dortigen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Träger der stationären Gesundheitseinrichtungen verpflichtet, „zur Mitwirkung … im Katastrophenschutz für ihre Einrichtungen Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und fortzuschreiben … sowie regelmäßig Übungen durchzuführen“ (§ 36 Abs. 3 ThürBKG; [
41]). In 29 der 38 Thüringer Krankenhäuser (76,3 %) sind Regelungen vorhanden, die im MANV-Fall gegenseitige Unterstützung zwischen ihrem Haus und anderen Kliniken gewähren. Lediglich eine von 38 Kliniken (2,6 %) gab hingegen an, auf CBRN-Gefahrenlagen dergestalt vorbereitet zu sein, dass innerhalb von 90 min nach Alarm auf dem Klinikgelände eine Dekontaminationsstraße für die Dekontamination von Patienten vor Aufnahme in das Krankenhaus errichtet werden könnte [
42].
Schulungen und Übungen als wichtiges Instrument
Zur Bewältigung von Gefahren- und Schadenslagen sind Ausbildung, Training und Übungen essenziell [
25]. Trotzdem ist laut Literatur wenig über den Einfluss dieser Faktoren auf Planung und Vorbereitung für solche Notfallszenarien bekannt [
26,
27]. Dies gilt auch für Erkenntnisse um die Auswirkungen der Planung auf das tatsächliche Management während realer Katastrophen und Großschadensereignisse [
25]. Von außerklinischen Großschadensübungen ist bekannt, dass sie Mängel und Defizite sowohl in der Planung als auch in der Durchführung demaskieren können und somit dazu beitragen, eventuell ein besseres Überleben von Notfallopfern zu gewährleisten [
28]. Die vorliegende Befragung ergab, dass 75 % der Kliniken Notfallübungen durchführten, wohingegen 25 % dies verneinten. Kliniken unter 300 Betten hatten mit 17 % Verneinung hier den größten Anteil. Wenn Übungen durchgeführt wurden, war dies in weniger als einem Drittel eine Vollübung; Stabsübungen wurden in 37 % durchgeführt. Vor mehr als 20 Jahren berichteten Lipp und Mitarbeiter [
10], dass Katastrophenübungen in 51,2 % aller Krankenhäuser noch nie durchgeführt wurden, nur 28,4 % würden solche Übungen regelmäßig veranstalten. Weidringer et al. [
15] hingegen fanden in ihrer Untersuchung zu uns ähnliche Angaben, es wurden Vollübungen in 32 % und „Planspiele“ in 46 % angegeben. Auch bei Fischer und Mitarbeitern [
17] findet sich, dass die Hälfte der Kliniken mit Maximalversorgung schon eine Übung zu einem Massenanfall an Verletzten durchgeführt hat, wohingegen aber nur knapp 30 % der Grundversorger. 33,9 % der befragten Kliniken veranstalteten eine Übung zu einer internen Schadenslage [
17].
Katastrophenvorsorge beinhaltet die verschiedensten Komponenten: Planung, Rüstzeug, Ausbildung, Übungen und Konsequenzen daraus. Geplante Übungen werden dabei als einer der wichtigsten Bausteine erachtet. Grundsätzlich können zwei Arten von Übungen unterschieden werden. Zum einen theoretisch gedachte Übungen, auch Stabsübungen („tabletop exercise“) genannt, zum anderen ausführende oder praktische Übungen („operation-based exercise“). Beide Arten können auch als Mischformen durchgeführt werden. Stabsübungen dienen vor allem der Überprüfung administrativ-organisatorischer Abläufe, wohingegen praktische Übungen neben der Evaluation operativ-taktischer Abläufe auch der Überprüfung gelernter Skills dienen. Praktische Übungen sind schwieriger durchzuführen und erfordern mehr Ressourcen als Stabsübungen. Sie ermöglichen jedoch das Testen von Ausrüstung, Plänen, Verfahren, Ressourcen, Technologien, behördenübergreifender Koordination und Führungseinrichtungen unter Bedingungen, die einem echten Notfallereignis sehr nahekommen [
22]. Vollübungen, d. h. praktische Übungen mit stabsmäßiger Planung, führten die wenigsten Kliniken in unserer Untersuchung durch. Teilübungen, eine Übungsform bestehend aus Stabsübung und „etwas praktischer Übung“, wurden hingegen am meisten angegeben, unabhängig von der Klinikgröße. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach den deutlich höheren Kosten mitgeschuldet, die eine Vollübung verursacht. Kostenintensive Übungen stehen und fallen mit der Frage nach der Finanzierung. Erst die Klärung der Finanzierungsfrage ebnet den Weg für ernsthafte Bedarfsplanungen und die Entwicklung konkret fassbarer Konzepte. Die wirtschaftliche Sicherung einer klinisch-bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung ist über das Krankenhausfinanzierungsgesetz (u. a. DRG-Entgeltsystem) geregelt. Kostenintensive Katastrophenübungen sind hier nicht vorgesehen und müssen deshalb von den Kliniken selbst getragen werden. Da zudem unterschiedliche Geschäftsmodelle der Klinikbetreiber (öffentliche Trägerschaft durch Bund, Land, Landkreis oder Gemeinde; freigemeinnützige Trägerschaft durch soziale oder karitative Organisationen; private Trägerschaft mit Gewinnerzielungsabsicht) bestehen, könnte diesbezüglich eine stark unterschiedliche Motivationslage bestehen. Im Gegensatz dazu gaben in einer US-amerikanischen Studie anlässlich einer Befragung von 294 Kliniken 24,3 % an, dass sie zwischen 2002 und 2007 mehr als 150.000 US-$ an staatlicher Unterstützung zur Katastrophenvorbereitung erhalten hätten, 19,2 % erhielten mehr als 75.000 US-$ und nur 5,2 % keine Unterstützung [
21].
Übungen mit realem Bezug simulieren unter Aufsicht tatsächliche Gefahren- oder Schadensereignisse. Allerdings ist bisher wenig bekannt, inwiefern eventuelle positive Erfahrungen über Jahre Bestand haben [
29]. Umso wichtiger ist es, dass Übungen in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. In der vorliegenden Erhebung gaben 61 % der Kliniken an, dass sie eine Übung in den letzten 2 Jahren durchgeführt hätten, allerdings gab auch fast ein Viertel der Antwortenden an, dass Übungen länger als 5 Jahre zurückliegen würden oder überhaupt noch nie stattgefunden hätten. Eine frühere Untersuchung im deutschsprachigen Raum ergab, dass innerhalb einer Jahresfrist ca. 50 % der Kliniken eine Übung durchführten [
15]. Pikoulis und Mitarbeiter berichteten kürzlich über eine Umfrage bei 228 „health care workers“, die eine 3‑jährige Ausbildung mit 4 interdisziplinären Übungen durchliefen. Während sich vor den Übungen nur 22 % der Teilnehmer kompetent vorbereitet fühlten, stieg die gefühlte Kompetenz nach Abschluss der Übungen auf 77 % an.
Allgemein wird angenommen, dass Übungen dazu beitragen, Lücken in Notfallplänen und -verfahren zu identifizieren, die, wenn sie behoben werden, zur Verbesserung der Notfallvorsorge des Systems führen [
22]. So bemerken Moss und Gaarder: „Although exercising for disaster preparedness is resource intensive, it is the repetitive, iterative nature that allows for wide staff capture and exposure along with continual improvement of plans. Having been recently involved in exercising is also likely to increase the confidence of staff and makes them feel better prepared“ [
30]. Die am häufigsten in der Literatur beschriebenen Vorteile von Übungen bestehen in der Identifizierung von Lücken in bestehenden Plänen oder Protokollen [
31]. In unserer Untersuchung gaben Kliniken, die Übungen durchgeführt hatten, an, dass in ca. 70 % Mängel behoben bzw. die Alarm- und Einsatzpläne angepasst wurden. An zweiter Stelle stand mit 59 % eine Intensivierung der Schulung von Mitarbeitern. Besonderer Bedarf zeigte sich hier vor allem in kleineren Kliniken, während Großkliniken weniger die Notwendigkeit zu Änderungen sahen. Der höchste „Verbesserungsbedarf“, der sich aus Übungen ergab, wurde mit 61–93 % für den Klinikbrand gesehen. Auch in der Literatur wurden anlässlich wiederholter Übungen bessere Leistungen bezüglich Brandrisiken und Sicherheitsproblemen beschrieben [
32]. Inwieweit solche Verbesserungen oder Schulungen allerdings zur tatsächlichen Optimierung des KAEP in der jeweiligen Klinik beitragen, könnte nur mit einer neuerlichen Evaluation beurteilt werden. So müssen wohl die aus Übungen vorgenommenen Schlussfolgerungen mehr als „lessons identified“ denn als „lessons learned“ betrachtet werden. Auch Skryabina et al. [
22] weisen auf diese Tatsache hin, denn die Autoren fanden in der Literatur keine Studien, die diesbezüglich Erfolgskontrollen durchgeführt hätten.
In den USA hat in den letzten Jahren die Entwicklung von Standards und Leitlinien für die Aus- und Weiterbildung im Katastrophenschutz an Bedeutung gewonnen. Die Notwendigkeit einer schnellen und effektiven Ausbildung des Gesundheitspersonals auf allen Ebenen wird von der Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) allgemein anerkannt und empfohlen [
33]. Ein wirksames Krisenmanagement im Krankenhaus erfordert, dass ausgewähltes medizinisches Personal nicht nur über Wissen, sondern auch über spezifische technische Fähigkeiten und Entscheidungsfähigkeiten verfügen sollte. Ein kompetenzbasierter Ansatz könnte den Rahmen für die Durchführung dieser Art eines flexiblen Trainings bilden [
14]. Das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe herausgegebene „Handbuch Krankenhausalarm- und -einsatzplanung“ [
6] skizziert zumindest einen Orientierungsrahmen zur Erstellung eines einheitlichen KAEP, eine bundesweite Verpflichtung zu einer einheitlichen Gestaltung der Planung oder gar Inhalte zu Schulung und Übungen fehlen jedoch nach wie vor.
Einschränkungen
An der Umfrage zur Krankenhausalarm- und -einsatzplanung an baden-württembergischen Krankenhäusern haben 63 % der insgesamt bestehenden Kliniken teilgenommen. Dies erscheint uns repräsentativ für Aussagen zu sein. Allerdings ist auffällig, dass Kliniken mit weniger als 300 Betten signifikant weniger geantwortet haben. Dies könnte daran liegen, dass nicht geantwortet wurde, weil kein KAEP vorhanden ist. Damit könnte sich der prozentuale Anteil an Kliniken, die keine Alarm- und Einsatzplanung vornehmen, erhöhen.
Die dieser Arbeit zugrunde liegende Studie wurde vor Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie durchgeführt. Die Häufigkeit und der Stellenwert der Vorplanungen für den Fall eines Ausbruchs allgemeingefährlicher und hochkontagiöser Infektionskrankheiten in den KAEP könnten sich durch diese Pandemie erheblich geändert haben. Auf der anderen Seite haben die Fokussierung auf die Bewältigung der Pandemie sowie Kontaktbeschränkungen in den Kliniken eventuell zu einer Reduktion an durchgeführten Übungen geführt.
Die gegebenen Antworten zu Umfragen beruhen zumeist auf der subjektiven Einschätzung des Antwortenden und nicht so sehr auf exakt erhobenen Fakten. Hierdurch können die in der Studie wiedergegebenen Ergebnisse eine gewisse Unschärfe aufweisen.