Bei festgenommenen Personen ergeben sich oft Zweifel an der medizinischen Tauglichkeit für einen Verbleib im Polizeigewahrsam, sodass eine ärztliche Prüfung erforderlich wird. In Deutschland gibt es für diese Beurteilung keine einheitlichen Regelungen oder Leitlinien. Für die Erarbeitung von Lösungsansätzen ist eine Betrachtung der allgemeinen und rechtlichen Rahmenbedingungen und der konkreten medizinischen Risikoprofile erforderlich.
Es erfolgte eine retrospektive Auswertung von 1271 Untersuchungen der Gewahrsamstauglichkeit aus dem Zeitraum 2013–2018 in Halle (Saale).
Bei den Indikationen für eine Arztkonsultation dominierten Alkohol‑/Drogen‑/Medikamentenintoxikationen und Entzugssyndrome, gefolgt von Traumata sowie inneren und psychischen Erkrankungen. Bei der Entscheidung über die Gewahrsamstauglichkeit wurden häufig verschiedene ärztliche Auflagen erteilt, während bei 7,2 % der Personen keine Tauglichkeit bestand. Dabei handelte es sich zumeist um Intoxikationen/Entzugssyndrome und internistische Fälle.
Bei der ärztlichen Beurteilung der Tauglichkeit für den Polizeigewahrsam sollten insbesondere durch die Erteilung von Auflagen alle derzeit möglichen Maßnahmen ausgeschöpft werden, um das Risiko schwerwiegender Gesundheitsschädigungen und Todesfälle zu reduzieren. Dafür kann eine nähere Kenntnis des Risikoprofils von festgenommenen Personen hilfreich sein. Zusätzlich sollte in Deutschland eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen erfolgen, weitere regionale Lösungen sollten erarbeitet werden.