Hintergrund
Definition von „wellbeing“ laut WHO
Relevanz für die Notaufnahme
Psychologische Auswirkungen
Material und Methoden
Ergebnisse
Angloamerikanische Initiativen
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Physische und psychische Sicherheit am Arbeitsplatz priorisieren
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Angemessene Ruhezeiten ermöglichen
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Psychische Gesundheit normalisieren und unterstützen
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DEIA(Diversität, Chancengleichheit, Inklusion, Barrierefreiheit)-Normen, -Richtlinien und -Programme operationalisieren
Praxisbeispiele: von Sicherheits- und Fehlerkultur bis hin zu Arbeitszeitplanung
Maslow-Bedürfnishierarchie | Mögliche Maßnahmen zur Förderung des „wellbeing“ |
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Physiologische Bedürfnisse | Gesundheitsfördernde Maßnahmen: bspw. Fitnesskurse, Massagen, Ernährungsberatung |
Ergonomische Arbeitsplätze (z. B. Stehpulte) | |
Pausenräume mit Entspannungsmöglichkeiten | |
Zugang zu gesunden Snacks und Getränken während der Schicht | |
Angepasste Arbeitszeitmodelle (z. B. flexiblere Schichtzeiten) | |
Sicherheitsbedürfnisse | Psychologische Unterstützung durch regelmäßige Supervision |
Trainings zu Gewaltprävention und Umgang mit aggressiven Patient:innen | |
Digitale Tools zur Arbeitsentlastung | |
Soziale Bedürfnisse | Förderung einer offenen und unterstützenden Kommunikationskultur |
Positive Arbeitskultur, z. B. durch Anerkennung und Wertschätzung von Teamleistungen | |
Teambuilding-Aktivitäten und soziale Events (z. B. After-Work-Veranstaltungen, Sommerfest) | |
Peer-support-Programme | |
Förderung von Inklusion und Diversität | |
Individualbedürfnisse | Regelmäßiges Feedback |
Transparente Karrierewege und Entwicklungs‑/Weiterbildungsmöglichkeiten | |
Selbstverwirklichung | Unterstützung bei der Persönlichkeitsentwicklung |
Achtsamkeits- und Stressmanagement-Trainings |
Physiologische Bedürfnisse
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Gesundheitsfördernde Maßnahmen: Viele Krankenhäuser haben umfassende Programme zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF), doch oft fehlt es an ausreichender Sichtbarkeit und Zugänglichkeit für Mitarbeitende. Zu den Maßnahmen gehören u. a. Massagen oder Ernährungsberatung. Ebenso bieten viele Krankenhäuser Bewegungsangebote wie Fitnesskurse, bewegte Pausen oder geförderte Mitgliedschaften in Fitnessstudios an.
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Arbeitsumgebung: Ausreichend vorhandene und auch ergonomische Arbeitsplätze mit bspw. höhenverstellbaren Schreibtischen und bequemen Stühlen beugen körperlichen Beschwerden vor. Rückzugsorte und Ruhezonen bieten Möglichkeiten zur Entspannung und Stressreduktion. Zudem tragen optimale Beleuchtung und Raumgestaltung mit guten Lichtverhältnissen zu einem angenehmen Arbeitsklima bei.
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Arbeitszeitmodelle: Ein Schichtsystem, das auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden Rücksicht nimmt, kann zur Reduktion von Stress und zur Erhaltung der Gesundheit beitragen [21]. Ergänzend dazu ermöglicht ein strukturiertes Pausenmanagement, dass alle Mitarbeitenden, auch in Stoßzeiten, regelmäßige Pausen einhalten. Dies kann durch ein digitales Monitoring-System unterstützt werden, um sicherzustellen, dass Pausen nicht aufgrund hoher Arbeitsbelastung entfallen. Regelmäßige Job-Rotationen zwischen verschiedenen Aufgaben oder Abteilungen in der Notaufnahme helfen, Monotonie zu vermeiden und Überbelastungen durch eine einzige Tätigkeit vorzubeugen.
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Strukturelle Veränderungen: Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere durch die Erhöhung der Personaldichte und die Optimierung der Arbeitsabläufe, kann den Stress für das Personal erheblich reduzieren [6]. Durch Einsatz von Assistenzkräften können administrative Aufgaben abgenommen werden [8], wodurch dem ärztlichen und pflegerischen Personal mehr Zeit für die Behandlung komplexerer Fälle bleibt. Diese Entlastung gewährleistet eine effiziente Erledigung v. a. von Dokumentation und organisatorischen Tätigkeiten, was den Arbeitsalltag weiter erleichtert und die Arbeitsbelastung verringert.
Sicherheitsbedürfnisse
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Psychologische Unterstützung: Krankenhäuser sollten psychologische Unterstützung und Beratungsangebote für ihr Personal bereitstellen. Sie helfen, frühzeitig auf Stresssymptome zu reagieren und Burn-out vorzubeugen. Supervisionen bieten zudem eine wertvolle Ressource, um schwierige Arbeitssituationen zu reflektieren und geeignete Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
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Technologische Unterstützung: Durch digitale Tools können Krankenhäuser Arbeitsabläufe verbessern, administrative Aufgaben automatisieren und somit den Mitarbeitenden mehr Zeit für ihre Kernaufgaben ermöglichen. Diese technologischen Hilfsmittel tragen nicht nur zur Steigerung der Produktivität bei, sondern unterstützen auch das Wohlbefinden des Personals, indem sie die täglichen Anforderungen deutlich erleichtern.
Soziale Bedürfnisse
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Offene Kommunikation im Team: Offene Kommunikation ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich jeder gehört und verstanden fühlt [29].
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Förderung einer positiven Arbeitskultur: Flache Hierarchien sowie eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung tragen maßgeblich zum Wohlbefinden bei [1]. Mitarbeitende sollten regelmäßig für ihre Leistungen anerkannt und wertgeschätzt werden [8]. Empathische Führung, die regelmäßig das Wohlbefinden der Mitarbeitenden im Blick hat und auf ihre Bedürfnisse eingeht, fördert Zufriedenheit und Vertrauen. Hier können regelmäßige Mitarbeitendenumfragen helfen, das Wohlbefinden zu evaluieren und frühzeitig Signale für Verbesserungen zu erkennen.
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Teammeetings & Teambuilding: Regelmäßige Teammeetings und Reflexionen nach Schichten können das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken [29]. Täglich initiierte Lagebesprechungen (sog. „huddles“), in denen das aktuelle Patient:innenaufkommen, der Belegungsstatus und die Arbeitslast des Teams besprochen werden, wirken unterstützend. Sie bieten die Möglichkeit, Probleme direkt anzusprechen und bei Bedarf sofortige Umverteilungen von Aufgaben oder Personal vorzunehmen, um eine gleichmäßige Arbeitsbelastung sicherzustellen. Bei Teambuilding-Maßnahmen können gemeinsame Ziele definiert, Probleme angesprochen und Lösungen erarbeitet werden, was Vertrauen und die Kooperation im Team fördert.
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Peer-support-Programme: Buddy- oder Mentoring-Programme können neuen Mitarbeitenden Unterstützung bieten, um den Einstieg zu erleichtern und die Belastung zu reduzieren.
Individualbedürfnisse
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Regelmäßiges Feedback & Anerkennung: Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle in der Förderung des Wohlbefindens ihrer Mitarbeitenden [2]. Arbeitgeber:innen sollten regelmäßig ihre Wertschätzung für die Arbeit des Notaufnahmepersonals zum Ausdruck bringen, z. B. durch persönliches Feedback. Indem Vorgesetzte gezielt positive Leistungen des Pflegepersonals hervorheben, können sie zur Motivation beitragen und eine unterstützende Arbeitskultur fördern [28].
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Transparente Karrierewege & Weiterbildungsmöglichkeiten: Klare Führung, die Mitarbeitende durch Unterstützung, transparente Kommunikation und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten stärkt, verbessert sowohl das Arbeitsengagement als auch die Zufriedenheit [6]. Regelmäßige Weiterbildungen, gezielte Karriereplanung und eine faire Vergütung sind dabei wesentliche Faktoren, die das Wohlbefinden zusätzlich fördern [8].
Selbstverwirklichung
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Unterstützung bei der Persönlichkeitsentwicklung: Die Förderung von Selbstwirksamkeit und Antizipationsfähigkeit wird als zentrale Strategie empfohlen, um das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern [1]. Ebenso Fortbildungen zu Stressmanagement, Zeitmanagement, Entspannungstechniken [7], Priorisierung und Selbstorganisation helfen den Mitarbeitenden, Stress zu reduzieren. Die Integration von Achtsamkeit in den Arbeitsalltag hat sich in mehreren Studien als wirksame Methode zur Reduzierung von Stress und Burn-out erwiesen [7, 18]. Da jedoch nicht alle Mitarbeitenden von Achtsamkeitsmaßnahmen profitieren, könnte eine flexible und digitale Bereitstellung bspw. in Form von Apps für Beschäftigte, die für traditionelle Präsenzmaßnahmen schwer erreichbar sind, eine sinnvolle Alternative darstellen [29]. Auch Simulationstrainings ermöglichen es Mitarbeitenden, praxisnah den Umgang mit Druck und unerwarteten Herausforderungen zu üben [23]. Sie fördern das Entwickeln von Strategien zur effizienteren Bewältigung des „workload“ und stärken die Fähigkeit, in anspruchsvollen Situationen ruhig und handlungsfähig zu bleiben.
Diskussion
Ausblick
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Technologische Unterstützung: Technologien könnten helfen, Stressfaktoren frühzeitig zu erkennen und personalisierte Unterstützung anzubieten, bspw. durch Patient:innenmanagement-Systeme, die in Echtzeit Daten über das aktuelle Patient:innenaufkommen und die Pflege- oder Ärzt:innen-Belastung erfassen. Durch automatisierte Alarme würden kritische Belastungsgrenzen signalisiert, damit leitende Mitarbeiter:innen rechtzeitig eingreifen und durch flexibles Personalmanagement Überlastungen verhindern können.
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Flexibilisierung der Schichtplanung: In Deutschland gibt es häufig rigide Dienstpläne und festgelegte Schichtsysteme, die schwer zu verändern sind. Hier ist ein Umdenken auf Führungsebene notwendig, um flexiblere Modelle zu ermöglichen.
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Erweiterung von Trainingsprogrammen: Eine stärkere Integration von Wellbeing- und Resilienztrainings in die medizinische Ausbildung könnte dazu beitragen, das Wohlbefinden des Personals von Beginn an zu fördern.
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Forschung zu Langzeiteffekten: Es besteht ein Bedarf an langfristigen Studien, die die Wirkung von Wellbeing-Maßnahmen in der Notaufnahme über längere Zeiträume hinweg untersuchen. Dies könnte helfen, besser zu verstehen, welche Ansätze langfristig am wirkungsvollsten sind und wie sie optimiert werden können.
Schlussfolgerungen
Fazit für die Praxis
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Wenn es gelingt, durch gezielte Strategien und Maßnahmen die Mitarbeitendenzufriedenheit in der Notaufnahme zu erhöhen und ihr seelisches sowie körperliches Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu fördern, wird dies positive Auswirkungen auf den Patient:innenkontakt haben und als Mittel zur gelebten Deeskalation sowie zur Reduktion von Gewalterfahrungen dienen.
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Zur Förderung des „wellbeing“ in der Notaufnahme sollten sowohl individuelle als auch organisatorische Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählen bspw. gut organisierte Schichtpläne, angemessene Pausen und ausreichende Personalressourcen.
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Eine offene, unterstützende Führungskultur fördert das „wellbeing“. Führungskräfte sollten auf die Bedürfnisse des Teams eingehen und eine positive Arbeitskultur fördern, in der Feedback und Kommunikation geschätzt werden.