Genie oder Wahnsinn? Mad or bad? Krank oder gekränkt? Schon diese Gegenüberstellungen verweisen darauf, dass eine klare Abgrenzung krankheitswertiger psychischer Störungen von anderen Formen des „Andersseins“ oder des „Schlechtgehens“ oft unmöglich oder nur willkürlich zu vollziehen ist. Warum ist das so? Warum ist es so viel schwieriger, psychische Störungen zweifelsfrei zu bestimmen als körperliche Krankheiten? Wie nützlich ist überhaupt der Krankheitsbegriff im Bereich psychischer Störungen? Und inwiefern ist das für Angehörige relevant? In diesem Kapitel sollen die häufigsten Fragen, die sich in Bezug auf psychiatrische Diagnostik stellen, aufgegriffen und verständliche Antworten formuliert werden, die dennoch der Komplexität des Gegenstandes gerecht werden. Angehörige sollen damit soweit über die Möglichkeiten und Grenzen psychiatrischer Diagnostik informiert werden, dass sie realistische Erwartungen an die Feststellung einer psychischen Störung stellen und diese von den Behandelnden auch einfordern können. In diesem Zusammenhang werden auch die wichtigsten kritischen Argumente bezüglich psychiatrischer Diagnostik dargestellt.