Störungen durch „Schaulustige“ während Rettungsarbeiten werden kritisch und emotional diskutiert. Aktuelle empirisch gesicherte Daten zu tatsächlichem Ausmaß und Qualität des Problems gibt es bislang nicht. An dieser Stelle setzt diese Mixed-Methods-Studie mit über 15 Monate erhobenen Daten aus 10 Bundesländern an. In den Analysen repräsentativer Bevölkerungsbefragungen (N = 1032 bzw. N = 1012), Interviews mit Rettenden (N = 48), Einsatz- (N = 281) sowie Wochenprotokollen (N = 39) stellt sich heraus, wie häufig Menschen bei Rettungsmaßnahmen zusehen und welchen Zusammenhang es zu Alter, Geschlecht, Einsatzorten und -indikationen gibt. Tendenziell sehen eher jüngere Personen aus einiger Entfernung zum Unglücksort zu, unmittelbar am Einsatzort tun dies eher Männer. Smartphones und soziale Medien verstärken die Wahrnehmung des Problems. Aus Einsatzprotokollen lässt sich jedoch ablesen, dass Probleme im Zusammenhang mit Zuschauenden selten sind. In knapp 50 % der abgefragten Wochen wurde kein einziger Einsatz mit störenden Zuschauenden registriert. Vorwiegend finden Einsätze mit störenden Zuschauenden im öffentlichen Raum statt (v. a. bei Unfällen, Bränden, psychiatrischen Notfällen). Meist sehen 1–5 Personen zu. Fotografiert bzw. gefilmt wird deutlich seltener. 2 % der Teilnehmenden an der Bevölkerungsbefragung wurden selbst als Betroffene während Rettungsmaßnahmen fotografiert oder gefilmt. Einen Zusammenhang zwischen Anzahl der Zuschauenden und Gemeindegröße lassen die Daten nicht erkennen. Selbst wenn das Ausmaß von Störungen an Einsatzorten insgesamt gering zu sein scheint, sollen basierend auf diesen Ergebnissen künftig Präventionsangebote passgenau entwickelt und ein zeitgemäßer Umgang mit Zuschauenden gefördert werden.
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Für die Wachen im Land Berlin wurden zur Zuordnung der Gemeindegrößenklasse jeweils die Einwohnendenzahlen für die Ortsteile Berlins, in denen sich die Wachen befinden, zugrunde gelegt, um die Vergleichbarkeit mit dem Einsatzgebiet von Rettungswachen in kleineren Gemeinden herzustellen.
Unter dieser Kategorie wurden folgende Einsatzindikationen nach MIND3.1 zusammengefasst: 01 Bewusstsein, 02 Atmung, 03 Herz-Kreislauf, 04 Schädigung mit Wirkung auf Vitalfunktion, 15 Schuss‑, Stich‑, Hiebverletzung an Kopf, Hals, Rumpf, 17 unmittelbar einsetzende oder stattgehabte Geburt sowie 18 Vergiftungen. Des Weiteren wurden dieser Kategorie 34 offene Nennungen, beispielsweise Schmerzen, Infarkte, innere Blutungen, Schwindel oder Übelkeit, hinzugefügt.