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27.05.2024 | Politik | Nachrichten

Bundesgesundheitsminister Lauterbach

Zahl der Pflegebedürftigen „explosionsartig“ gestiegen

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360.000 statt 50.000 – in Deutschland ist die Zahl der Pflegebedürftigen deutlich stärker gestiegen, als demografisch zu erwarten wäre. Gesundheitsminister Lauterbach sieht einen „Sandwich-Effekt“.

Pflegefinanzierung © marcus_hofmann / stock.adobe.comDer Druck auf die die Pflegeversicherung wird immer größer: Die Zahl der Pflegebedürftigen stieg 2023 deutlich schneller als erwartet. 
© marcus_hofmann / stock.adobe.com

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnt vor akuten Problemen bei der Finanzierung der Pflege in Deutschland. Im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sprach er am Montag von einem „geradezu explosionsartigen Anstieg“ der Zahl der Pflegebedürftigen in den vergangenen Jahren. Demografie bedingt wäre für 2023 mit einem Zuwachs von rund 50.000 Pflegebedürftigen zu rechnen gewesen. Das tatsächliche Plus betrage jedoch mehr als 360.000 Personen.

Über die Gründe für diesen massiven Anstieg herrscht noch Unklarheit. Sie werden laut Lauterbach derzeit geprüft. Angesichts der Größenordnung glaubt der SPD-Politiker jedoch nicht an einen "Nachholeffekt" nach der Corona-Pandemie. „Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir einen Sandwich­effekt erleben: Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden.“ Damit gäbe es erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen seien – die Babyboomer und deren Eltern. Für die Pflegeversicherung stelle das eine besondere Herausforderung dar.

Jetziges Beitragssystem reicht nicht aus

Im Hinblick auf die daraus erwachsenden Konsequenzen für die Pflegefinanzierung erklärte Lauterbach: „Es wird jedenfalls nicht einfach.“ Mittel- und längerfristig sei eine solidere Finanzierung der Pflege notwendig. Mit dem jetzigen Beitrags­system allein sei das Leistungs­niveau der Pflege nicht zu halten.

Derzeit erarbeite eine Arbeits­gruppe verschiedener Ministerien Vorschläge für eine Finanzreform. Mit einer Einigung auf eine umfassende Finanzreform noch in dieser Legislaturperiode rechnet Lauterbach jedoch nicht mehr. Er selbst plädiere für eine Pflege-Bürger­versicherung, in die alle einzahlen sowie einen höheren Steuerzuschuss, z.B. für die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen. Zudem müsse die Sozialhilfe für Pflegebedürftige reformiert werden.

„Viele Betroffene empfinden es als entwürdigend, am Ende ihres Lebens, in dem sie hart gearbeitet haben, auf das Sozialamt angewiesen zu sein“, erklärte Lauterbach. Um den Betroffenen den Gang zum Sozialamt zu ersparen, könnten künftig die Pflegekassen die „Hilfe zur Pflege“ auszahlen. Dazu müssten die bei den Kommunen eingesparten Steuergelder dann an die Pflege­versicherung fließen. (ne)


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