22.05.2024 | Originalien
Präklinische Sichtung und Schockraumalarmierung
Unterschiede bei Notarztdienst und Rettungsdienstfachpersonal?
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin
Einloggen, um Zugang zu erhaltenZusammenfassung
Einleitung
Rettungsmittel zur Behandlung schwer verletzter Patienten können notärztlich (NA) oder mit Rettungsdienstfachpersonal (RD) besetzt sein. Ziel dieser Studie war es festzustellen, ob sich die präklinische Sichtung durch NA oder RD und deren Auswirkungen für eine Schockraumalarmierung (SRA) unterscheiden.
Methoden
Daten eines dreimonatigen Beobachtungszeitraums aus 12 Notaufnahmen wurden analysiert. Eingeschlossen wurden 3753 Traumapatienten. Dokumentiert wurden SRA-Kriterien sowie präklinische Parameter und Daten zur Behandlung in Notaufnahme (ZNA) oder Schockraum (SR). Unterschieden wurden SRA-kriterien der S3-Leitlinie Polytrauma (Version 2016) mit den Empfehlungsgraden GoR A und GoR B. Die Notwendigkeit einer Behandlung in der ZNA oder einer SR-Behandlung wurde retrospektiv anhand festgelegter Kriterien bewertet. Alle Daten wurden den Gruppen NA oder RD zugeteilt.
Ergebnisse
SRA war bei NA häufiger als bei RD (64 % vs. 6 %). Die Aktivierung des SR erfolgte in 46 % in der Gruppe NA aufgrund von A‑Kriterien (14 % bei RD) und in 25 % aufgrund von B‑Kriterien (44 % bei RD). 31 % der SRA erfolgten, ohne dass ein A‑ oder B‑Kriterium vorlag. Der positive prädiktive Wert (ppW) für eine SRA durch den Rettungsdienst lag bei 50,3 %, die Übertriagierung ließ sich mit 49,7 % bestimmen. In 35,9 % kam es zu einer Untertriage. In der Gruppe NA lag die Übertriage bei 44,5 % und die Untertriage bei 15,6 %. In der Gruppe RD kam es zu signifikant mehr Untertriagierungen (84,5 %) trotz einer höheren Übertriagierungsrate von 76,6 %.
Schlussfolgerung
Unsere Daten weisen darauf hin, dass bei der prähospitalen Triage von Traumapatienten sowohl durch den Notarzt als auch durch Rettungsdienstfachpersonal noch Optimierungspotenzial besteht. Die durchgeführte Sichtungspraxis führt zu einer Fehlnutzung von Krankenhausressourcen. Zukünftig sollte neben der rein medizinischen Schulung von NA und RD verstärkt Augenmerk auf die Kenntnis und eine korrekte Anwendung etablierter Triagekriterien gelegt werden. SRA durch NA erfolgten häufig basierend auf A‑Kriterien. Bei SRA durch den RD hingegen waren öfters B‑Kriterien zu finden. Die RD-Gruppe wies eine höhere Über- und Untertriagerate auf. Eine angemessene prähospitale Sichtung hängt von der Qualität der Sichtungskriterien (GoR-A- oder GoR-B-Empfehlungen) und den damit verbundenen Risiken für das Vorliegen schwerer Verletzungen ab. SRA-Empfehlungen nach A‑Kriterien haben einen besseren ppW.
Anzeige