Serie Prophylaxen - Teil 4 Für Pflegende gehört prophylaktisches Arbeiten zum beruflichen Selbstverständnis. Es geht darum, Risiken für gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erkennen, Symptome richtig zu bewerten und kompetent vorzubeugen.
Pneumonien sind in Deutschland die am häufigsten tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten. Es werden mehr Menschen mit einer Pneumonie in die Klinik eingewiesen als mit Herzinfarkt oder Schlaganfall. In den westlichen Industrieländern ist die nosokomiale Pneumonie die zweithäufigste Hospitalinfektion. Aufgrund der negativen Beeinflussung des Genesungsprozesses des Patienten nimmt die Pneumonie innerhalb der stationären Versorgung einen hohen Stellenwert ein. Somit ist es im Rahmen einer ganzheitlichen Patientenversorgung unerlässlich, Möglichkeiten der Pneumonieprophylaxe zu kennen und in einem multiprofessionellen Team konsequent anzuwenden.
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Eine Pneumonie wird durch eine Entzündung des Lungenparenchyms, welche durch allergische, physikalisch-chemische oder infektiöse Ursachen ausgelöst wird, definiert. Die Pneumonie wird (nach der Genese) in folgende Arten eingeteilt:
Typische und atypische Pneumonien aufgrund der auslösenden Erreger
Ambulante und nosokomiale Pneumonien aufgrund des Auftretens
Primäre und sekundäre Pneumonien aufgrund der primären Erkrankung
Symptome und Risikofaktoren
Zu Beginn ist eine Pneumonie durch hohes Fieber, Husten und meist eitriges Sputum gekennzeichnet. Zusätzlich treten oftmals eine schmerzhafte Atmung in Verbindung mit Schonatmung, Dyspnoe, mit eventueller Zyanose und Tachykardie auf.
Der Entstehung einer Pneumonie liegen verschiedene Risikofaktoren zugrunde, welche in der Patientenbetreuung multiprofessionell beachtet werden müssen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Atemstörungen aufgrund von Schädigungen des Atmungssystems sowie Schonatmung aufgrund von Schmerzen und Immobilität. Ebenso fördern eine Schluckstörung, maschinelle Beatmung, verminderte Immunabwehr und Immobilität die Entstehung einer Pneumonie.
Abb. 1: LISA: Ziele der Pneumonieprophylaxe
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Prophylaxe mit LISA
Das Ziel der Pneumonieprophylaxe ist die Vermeidung einer Entzündung des Lungengewebes. Hierbei müssen die vorhandenen Risikofaktoren berücksichtigt und das patientenindividuelle Pneumonierisiko eingeschätzt werden. Zur Risikoeinschätzung kann die Atemskala nach Christel Bienstein genutzt werden. Nach erfolgter Risikoeinschätzung wird für den Patienten ein entsprechender Therapieplan erarbeitet, welcher multiprofessionell und unter aktiver Einbeziehung des Patienten in der täglichen Betreuung umgesetzt wird.
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Als Kernpunkte in der Pneumonieprophylaxe werden die LISA-Ziele formuliert:
Lungenbelüftung verbessern
Infektion der Atemwege verhindern
Sekretmobilisation fördern
Aspiration vermeiden
Unspezifische Maßnahmen zur Pneumonieprophylaxe
Neben der konsequenten Umsetzung der LISA-Ziele können weitere Prophylaxemaßnahmen eingesetzt werden, um das Pneumonierisiko zu senken und die Erkrankung zu vermeiden. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, welche die Pflegepersonen in den täglichen Pflegeprozess einfließen lassen. Ebenso erfolgt eine ressourcenorientierte Einbeziehung des Patienten sowie die Anleitung und Schulung zur selbstständigen Durchführung.
Mobilisation: Jede Form der Bewegung unterstützt und vertieft die Atmung - fördert somit die Belüftung aller Lungenabschnitte. Zusätzlich unterstützt die körperliche Aktivität die Mobilisierung des Bronchialschleims. Somit ist von zentraler Bedeutung, immobile Patienten entsprechend des Gesundheitszustandes zu mobilisieren, um eine konsequente Belüftung aller Lungenabschnitte anzuregen.
Atemerleichternde Lagerung: Neben der Mobilisation des Patienten kann durch eine atemerleichternde Lagerung das Pneumonierisiko für immobile und bettlägerige Patienten reduziert werden. Aufgrund der verschiedenen Lagerungen werden abwechselnd die einzelnen Lungenabschnitte belüftet und entsprechend besser durchblutet. Atemerleichternde Lagerungen können mehrmals täglich durchgeführt und die Positionen gewechselt werden. Zum Einsatz können u.a. die Oberkörperhochlagerung, Seitenlagerung, Halbmondlagerung in Rückenlage, VATI-Lagerung oder Dreh-Dehnlage kommen.
Weitere Maßnahmen: Dazu zählen ausreichende Flüssigkeitszufuhr (nach Rücksprache mit dem Arzt), Inhalation (nach Rücksprache mit dem Arzt), Anleitung zum produktiven Husten, gegebenenfalls Absaugen, atemstimulierende Einreibungen, gegebenenfalls mit ätherischen Ölen (CAVE: Allergien), konsequente Mundhygiene und Aspirationsprophylaxe bei der Nahrungsaufnahme.
Physiotherapeuten einbeziehen
Neben den aufgeführten prophylaktischen Maßnahmen, wozu die Pflegepersonen den Patienten aktiv einbeziehen und anleiten, nehmen die Physiotherapeuten eine zentrale Rolle in der Durchführung der Pneumonieprophylaxe ein. Die Physiotherapeuten führen mit dem Patienten gemeinsam Übungen zur Verbesserung der Lungenbelüftung aus und unterstützen die Sekretlösung mit technischen Hilfsmitteln. Folgende Maßnahmen kommen zum Einsatz:
Atemübungen/Atemgymnastik: Hierbei wird die Belüftung aller Lungenabschnitte sowie die Selbstreinigungsmechanismen der Atemwege unterstützt und angeregt. Ebenso kann mit Atemübungen die richtige Atemtechnik erlernt werden.
Atmen gegen den Widerstand: Durch das Aufpusten von Luftballons, Wegpusten eines Wattebauschs (oder mit einem Strohhalm Flüssigkeit aufwirbeln) wird eine vertiefte Atmung angeregt (CAVE: Bei Patienten mit Lungenemphysem nur nach Arztrücksprache). Außerdem: Kontaktatmung, dosierte Lippenbremse ,Vibrationsmassagen und SMI Atemtrainer (Sustained Maximal InspirationTrainer) (z.B. Mediflo®, Triflo®).
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Pflege einfach machen
Die Durchführung der Pneumonieprophylaxe ist in der täglichen Versorgung eine multiprofessionelle Aufgabe, welche den Patienten mit seinen Ressourcen und Problemstellungen in den Mittelpunkt stellt.
Entsprechend der Risikoerfassung werden mit dem Patienten individuelle Maßnahmen geplant und der Patient zur selbstständigen Durchführung angeleitet.
Durch die aktive Einbeziehung in die prophylaktischen Maßnahmen wird die Selbstständigkeit des Patienten gefördert und der Genesungsprozess positiv unterstützt.
Literatur bei der Verfasserin
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Quick Tipps
Konsequent Pneumonierisikofaktoren erfassen
Auf Grundlage der Risikoerfassung individuelle Prophylaxemaßnahmen planen
Mobilität und Atemübungen in den täglichen Pflegeprozess einbinden
Patienten zu individuellen Prophylaxemaßnahmen anleiten und schulen
Alle Professionen zur Umsetzung einer ganzheitlichen/umfassenden Pneumonieprophylaxe einbeziehen
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