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17.02.2025 | News Hebammen | Nachrichten

Vergleichsstudie mit Insulin

Gestationsdiabetes mit oralen Antidiabetika behandeln?

verfasst von: Dr. Beate Schumacher

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Der Wunsch, Frauen mit Gestationsdiabetes eine orale Erstlinientherapie anbieten zu können, bleibt auch vorläufig ein Wunsch: Eine orale Stufentherapie hat sich in einer randomisierten Studie nicht als gleichwertig zu einer Insulintherapie erwiesen. 

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Für die medikamentöse Therapie eines Gestationsdiabetes wird in der deutschen Leitlinie Insulin empfohlen. Metformin kann nur off-label im Rahmen eines Heilversuchs, etwa bei sehr hohem Insulinbedarf, verordnet werden. Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid sollen nicht eingesetzt werden, sie sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Ähnliche Empfehlungen kommen von der American Diabetes Association. „Insulin is queen“, bringt Camille Powe von der Harvard Medical School den Stand der Pharmakotherapie bei Gestationsdiabetes auf den Punkt [1]. An der Vorrangstellung des Insulins wird sich wohl auch so schnell nichts ändern. Die bislang jüngste Vergleichsstudie mit Antidiabetika ist daran gescheitert, die Nichtunterlegenheit einer oralen Stufentherapie gegenüber Insulin zu belegen [2].

Orale Stufentherapie vs. Insulin

An der randomisierten Multicenterstudie SUGAR-DIP beteiligten sich in den Niederlanden 820 Frauen mit Einlingsschwangerschaft und Gestationsdiabetes, die trotz Sport und Diät weiter zu hohe Blutzuckerwerte hatten. 409 wurden der oralen Therapie zugeteilt, beginnend mit Metformin (Startdosis 500 mg 1 x/d, Zieldosis 1000 mg 2 x/d), bei unzureichender Wirkung um Glibenclamid ergänzt (2,5 bis max. 3 mg 30–60 min vor jeder Mahlzeit); falls die Kombination auch nicht ausreichte, wurde Glibenclamid durch Insulin ersetzt. 411 Frauen wurden der Insulingruppe zugewiesen. Primär wurde untersucht, wie sich die blutzuckersenkende Therapie auf das Risiko auswirkte, dass das Neugeborene ein Geburtsgewicht über dem 90. Perzentil aufwies (large for gestational age, LGA).

Nichtunterlegenheit bezüglich LGA verfehlt

In der Gruppe mit der Stufentherapie, bei gut der Hälfte nur mit Metformin und knapp einem Viertel mit Metformin plus Glibenclamid, brachten 23,9% der Frauen ein LGA-Kind zur Welt. In der Kontrollgruppe mit Insulin waren es nur 19,9%. Das entspricht einer absoluten Risikodifferenz von 4%; die Obergrenze des 95%-Konfidenzintervalls (–1,7% bis 9,8%) überschritt die vorab festgelegte Nichtunterlegenheitsgrenze von 8%. „Das heißt, eine initiale Therapie mit oralen Antidiabetika hat in Bezug auf die Prävention von LGA-Kindern die Nichtunterlegenheit gegenüber Insulin verfehlt“, so das Resümee der Studiengruppe um Doortje Rademaker von der Universität Amsterdam. 

Bei Frauen mit oraler Therapie kam es außerdem häufiger zu Hypoglykämien. Im Hinblick auf andere sekundäre Endpunkte, z. B. Präeklampsie, Frühgeburt, Geburtsschäden, neonatale Hypoglykämie, waren keine Unterschiede zwischen den beiden Strategien festzustellen. Nebenwirkungen, insbesondere Übelkeit, Diarrhö, Erbrechen und Kopfschmerzen traten in der Interventionsgruppe häufiger auf. 

"Insulin unangefochten auf Platz 1"

Von den Frauen, die ihren Blutzucker mit einer Metformin-Monotherapie kontrollieren konnten, brachten 19,7% ein LGA-Kind zur Welt. Für Rademaker und Mitforschende ein Hinweis, dass Metformin allein sich als alternative First-Line-Therapie eignen könnte. Zu diesem Schluss war vorletztes Jahr auch eine Metaanalyse gekommen [3]. Mehr Klarheit zum Stellenwert soll die laufende DECIDE-Studie bringen. „Aber zum jetzigen Zeitpunkt steht Insulin unangefochten an erster Stelle“, so Powe.
 

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Ist eine blutzuckersenkende orale Stufentherapie bei Gestationsdiabetes ähnlich wirksam wie eine Insulintherapie? 

Antwort: Nein. In Bezug auf das Risiko, ein Kind mit für das Gestationsalter zu hohem Gewicht (LGA) zur Welt zu bringen, konnte eine Nichtunterlegenheit der oralen Therapie gegenüber Insulin nicht gezeigt werden.

Bedeutung: Insulin bleibt bei Gestationsdiabetes unangefochten die Therapie der ersten Wahl.

Einschränkung: Studie naturgemäß nicht verblindet.

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Literatur

[1] Powe C. For Gestational Diabetes Pharmacotherapy, Insulin Reigns Supreme. JAMA 2025; https://doi.org/10.1001/jama.2024.27148

[2] Rademaker D et al. Oral Glucose-Lowering Agents vs Insulin for Gestational Diabetes. A Randomized Clinical Trial. JAMA 2025; https://doi.org/10.1001/jama.2024.23410

[3] Sheng B et al. Short-term neonatal outcomes in women with gestational diabetes treated using metformin versus insulin: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Acta Diabetol 2023;60(5):595-608. https://doi.org/10.1007/s00592-022-02016-5