In diesem Kapitel können Sie u. a. lesen, wie der Humor hilfreich sein kann, die vielseitigen Herausforderungen der Pflege zu meistern. Entgegen dem weit verbreiteten deutschen Missverständnis ist Humor überhaupt nicht oberflächlich – vielmehr ist er die heitere Gelassenheit, die Doppelbödigkeit des Seins zu akzeptieren. Seit den Anfängen der Humorarbeit, dem gemeinsamen Lachen durch Clowns im Krankenhaus, rückt nun die Pflege immer mehr in den Fokus, denn nur an wenige Professionen werden derart hohe Anforderungen an die Fähigkeit zur Stressbewältigung und psychischen Widerstandskraft gestellt. Um die Pflege auf diesem Gebiet zu unterstützen hat die Stiftung HUMOR HILFT HEILEN in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich die größte Studie zu Humor in der Pflege durchgeführt: Teams haben gemeinsam mit ausgebildeten Humortrainern zu den Themen Achtsamkeit, Resilienz und Präsenz geübt, reflektiert und ihre Erfahrungen in den Alltag transferiert – mit positivem Ergebnis.
Die Pflege und Begleitung von Patienten und Patientinnen bringt Pflegende häufig in emotional herausfordernde Situationen. Nicht immer gelingt es den Pflegenden dabei, mit ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt zu sein. Dies aber ist eine der Quellen für Erschöpfung und den Verlust der Berufsmotivation. Oder aber Pflegende zeigen nach außen andere Gefühle als die, die sie im Inneren verspüren, um die Mitarbeit von Patienten und Patientinnen zu erreichen. Dieses Phänomen wird auch als „emotionale Dissonanz“ beschrieben und als einer der Hauptbelastungsfaktoren für Pflegeberufe gesehen. Pflege ist eine Interaktionsarbeit, die neben der Kooperationsarbeit und dem subjektivierenden Arbeitshandeln vor allem auch Gefühlsarbeit und Emotionsarbeit umfasst. Patienten und Patientinnen in existenziell bedrohlichen Situationen handeln meist nicht rational und konsistent. Daher muss sich Pflege immer wieder auf neue Situation einstellen und situativ die beste Reaktionsmöglichkeit finden. Durch den ökonomischen Druck auf Krankenhäuser und stationäre und ambulante Anbieter und um die Qualität abzusichern, werden zunehmend standardisierte Qualitätsanforderungen formuliert. Dies wiederum engt den Spielraum von Pflegenden für subjektivierendes Handeln ein, Gefühlsarbeit und Emotionsarbeit geraten ins Hintertreffen. Gefühlsarbeit ist wesentlich, damit Pflegende die Gefühle der Person, die sie pflegen, richtig erkennen, respektieren und auf sie eingehen. Gefühlsarbeit ist wiederum abhängig davon, dass die Pflegenden ihre eigenen Emotionen regulieren können. Hier genau setzt das empCARE-Training an. Pflegende lernen im empCARE-Training, in herausfordernden Situationen mit sich und ihren Gefühlen in Kontakt zu sein. empCARE – ein empathiebasiertes Entlastungskonzept – trägt nachweislich zur Gesunderhaltung von Pflegenden bei. Das Projekt wurde vom BMBF im Rahmen des Programms „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ gefördert, und die positiven Auswirkungen von empCARE wurden wissenschaftlich nachgewiesen. Zur Umsetzung des Konzeptes in Krankenhäusern und ambulanten und stationären Einrichtungen braucht es förderliche Rahmenbedingungen und die Unterstützung der obersten Leitung und Führungskräfte.
In den Vereinigten Staaten, wie in so vielen anderen Ländern der Welt, bilden Pflegefachkräfte die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Es wird geschätzt, dass über 3 Mio. Pflegefachkräfte in den unterschiedlichsten Bereichen angestellt sind wie Krankenhäusern, Kliniken, Public Health, und gemeindenahen Einrichtungen wie Schulen oder Seniorenpflegeheimen. Die Pflegefachkräfte sind dabei tätig als Führungskräfte, Pädagogen und Wissenschaftler und oft verantwortlich für die Gesundheit der Angestellten sowie Initiativen zum Wohlbefinden. Im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Ländern gibt es in den Vereinigten Staaten kein nationales Gesundheitsversicherungswesen, welches die Zugänge der Bürger zum Gesundheitssystem sichert. Öffentlich geförderte Gesundheitsprogramme beschränken sich auf Senioren (Medicare), Menschen mit geringem Einkommen und Menschen mit Behinderungen (Medicaid) sowie Veteranen, welche versorgungsberechtigt sind durch Einrichtungen der Veteranen-Verwaltung. Während die USA große Fortschritte im Gesundheitswesen erzielte und über die modernsten Einrichtungen und die fortschrittlichsten Technologien der Welt verfügt, bestehen signifikante Gesundheits-Disparities, sodass die USA bezüglich Sterblichkeit und Morbidität lediglich im Mittelfeld der industrialisierten Staaten liegen. 2008 förderte die Robert Wood Johnson Foundation (RWJF) in Zusammenarbeit mit dem Institute of Medicine (IOM) eine zweijährige Initiative zur Zukunft der Pflege. Die Ausgangsituation für diese Initiative war die Erkenntnis, dass der Pflegeberuf vor einigen Herausforderungen steht, um das Versprechen des reformierten Gesundheitssystems zu halten und die nationalen Bedürfnisse zu befriedigen. Das Ziel der Initiative war es, einen Bericht zu erstellen, der Empfehlungen für aktionsorientierte Blueprints über die Zukunft der Pflege enthält und Veränderungen öffentlicher und institutioneller Politik auf nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Ebene einbezieht. Während der Arbeit an dem Bericht zur Zukunft der Pflege entwickelte das verantwortliche Komitee eine Vision für ein transformiertes Gesundheitswesen. Das zukünftige System wurde folgendermaßen beschrieben: „Ein zukünftiges System ermöglicht den Zugang zu qualitativer Versorgung für diverse Populationen der USA, unterstützt Wohlbefinden und Krankheitsprävention, fördert zuverlässig Gesundheits-Outcomes und stellt ambitionierte Versorgung während der gesamten Lebensspanne sicher. In dieser Zukunft sind die primäre Versorgung und Prävention zentrale Treiber des Gesundheitssystems.
Ein weiterer Abschnitt beschreibt ein Projekt, in welchem Trainer für den eintägigen Workshop Revitalising CareTM qualifiziert wurden. Der Workshop und die damit verbundene Unterstützung durch Einzelunterricht zielt darauf ab, Stress zu reduzieren, Resilienz aufzubauen, er hilft dem Personal, sich wertgeschätzt und energetisiert zu fühlen, fördert die Zusammenarbeit im Team und ermutigt zur Gestaltung eines harmonischen Arbeitsumfeldes. Pflege in Großbritannien sieht sich vor vielerlei Herausforderungen gestellt, zu denen auch der Erhalt von Personal zählt. Der Workshop schließt Coaching-Methoden ein, integrierte Atemmethoden, positive Psychologie und verwendet das Biofeedbackgerät emwave2®, um das Personal zu unterstützen, proaktiv mit Stresssituationen umzugehen. Das Projekt wurde für die Zeit von 2013–2015 von der Schottischen Regierungsdirektion für Gesundheitsberufe (Scottisch Government’s Directoreate for the Chief Nursing Officer, Patients, Public and Health Professions, CNOPPP) in Auftrag gegeben. Der Evaluationsbogen „Personal and Organisational Quality Assessment“ (POQA), entwickelt vom Institute für HeartMath (IHM), wurde an 127 Teilnehmern vor und nach dem Workshop verteilt. Damit konnte die Wirksamkeit des Projekts unter Beweis gestellt werden. Eine Zusammenfassung des Gelernten aus dem Projekt sowie eine Anleitung für Personalentwickler, die ähnliche Projekte starten wollen, ist beigefügt. Der Abschnitt endet mit einem Zukunftsausblick. Mittels einer App auf dem Mobiltelefon und einem Ohrsensor lässt sich sowohl der eigene Stresslevel messen als auch die Zusammenarbeit, das Konfliktmanagement und die Entscheidungsfindung von Teams, die sich gemeinsam online auf dieser Plattform anmelden.
Ziel eines weiteren Projekts: Auswerten, Verbessern und Überwachen der Arbeitsbedingungen an der Akdeniz Universitätsklinik, um die Arbeitszufriedenheit der dortigen Pflegefachkräfte zu reflektieren. Konstruktion und Methoden: Es wurde eine Langzeitstudie durchgeführt, um 11 Aspekte der Arbeitszufriedenheit von Pflegefachkräften zu untersuchen, einschließlich 4 sozialer Aspekte (sich um den Patienten kümmern, Arbeitsbeziehungen zu den Mitarbeitern, was Pflegefachkräfte, Ärzte/Ärztinnen, Stationsleitungen und weiteres Personal beinhaltet) und 7 technischen Aspekten (Autonomie, Arbeitspensum, Führung, berufliche Entwicklung, Organisationsgerechtigkeit, Dienstplanerstellung und Personalressourcen). Diese Untersuchung vergleicht die Ergebnisse von 2017 (n = 241) und 2019 (n = 408). Daten wurden mit der Gesundheitsumgebungsstudie-Türkei (Healthcare Environment Survey HES-TR) gesammelt. Ergebnisse: Alle 11 Aspekte verbesserten sich von 2017 bis 2019, und alle zeigten eine statistisch signifikante Verbesserung (p < 0,05), außer Zufriedenheit bei Verteilungsgerechtigkeit und Personalressourcen. Die 3 Bereiche mit der höchsten Zufriedenheit der HES in beiden Jahren waren die Beziehungen zu Mitarbeitern, professionelle Patientenversorgung und partizipatives Management. Sowohl 2017 als auch 2019 war Verteilungsgerechtigkeit der Bereich mit der höchsten Unzufriedenheit, gefolgt von Ressourcen. Schlussfolgerung: Die Berufszufriedenheit von Pflegefachkräften kann erhöht werden durch genaue Messungen der Gesundheitsumgebung und die darauf folgende gemeinsame Suche der Manager und Arbeitskräfte nach Lösungen.
Krankenhäuser sollten heilsame Orte, Schulen lern- und entwicklungsförderlich sein, Altersheime würdige Begegnungs- und Abschiedsmöglichkeiten bieten. Alle diese Orte sind durch ein ausgeprägtes Machtgefälle zwischen Beschäftigten und Schutzbefohlenen gekennzeichnet und werden selten gerne und häufig nicht freiwillig aufgesucht. Wer dieses Machtgefälle zu eigenen Zwecken ausnutzen will, dem bieten sich zahlreiche Gelegenheiten. Der Autor findet, dass Gewaltfreiheit in sozialen Institutionen eine Notwendigkeit, eine Schlüsselkompetenz und eine Voraussetzung zum Gelingen und Erfüllen aller an sie gestellten Aufträge darstellt.