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18.09.2024 | Klima | Nachrichten

Regionaldaten aus Deutschland

Hitze lässt kardiale und pulmonale Mortalität steigen

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

Bei hohen Außentemperaturen nehmen Todesfälle durch Herz- und Lungenerkrankungen zu, das belegt eine Querschnittstudie aus Deutschland. Besonders vulnerabel sind demzufolge Frauen, Senioren und Personen mit Herzinsuffizienz oder Pneumonie. Was offenbar erheblich zur Risikoerhöhung beiträgt, ist das Leben in luftverschmutzten Städten.

Mit dem globalen Temperaturanstieg aufgrund des Klimawandels rechnet man weltweit auch mit einer Zunahme hitzeassoziierter Erkrankungen und Todesfälle. Wie sich Hitze speziell auf kardiovaskulär und pulmonal bedingte Todesfälle in Deutschland auswirkt, hat jetzt ein Team des Helmholtz Zentrum München, des DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung) und der LMU München zusammen mit einer internationalen Forschungsgruppe untersucht.

Das Team konnte auf Mortalitätsdaten aus 380 deutschen Bezirken über die Sommermonate (Mai bis September) der Jahre 2000 bis 2016 zurückgreifen. In dieser Zeit hatten sich 2.050.764 kardiovaskuläre und 299.249 pulmonale Todesfälle ereignet. Insgesamt folgte die Assoziation einer J-förmigen Kurve, mit steileren Anstiegen der untersuchten Mortalitätsursachen bei zunehmenden Temperaturen.

Stärkste Effekte für Herzinsuffizienz und Pneumonie

Insgesamt ergab sich bei einem Temperaturanstieg (Tagesmittel im Sommer) vom 75. auf das 99. Perzentil der für den untersuchten Bezirk spezifischen Temperaturverteilung ein Anstieg der kardiovaskulären Sterblichkeit um relative 24% und der respiratorischen Mortalität um relative 34%. Besonders starke hitzeassoziierte Effekte unter den Einzelursachen fanden sich für die Herzinsuffizienz, mit einem Zuwachs der dadurch bedingten Todesfälle um 32%. Für die Pneumonie ergab sich sogar ein Mortalitätsanstieg um 49%. Dagegen war der Effekt der Hitze auf die Mortalität durch Herzinfarkt vergleichsweise gering (+16%).

Frauen deutlich mehr gefährdet als Männer

Unter den verschiedenen Altersgruppen waren über 75-Jährige tendenziell mehr gefährdet, der Unterschied zur Gesamtpopulation war jedoch nicht signifikant. Frauen schienen Hitze allgemein deutlich schlechter wegzustecken als Männer, sie hatten ein jeweils signifikant höheres Risiko, bei hohen Temperaturen an kardiovaskulären bzw. pulmonalen Erkrankungen zu sterben. Ein signifikanter Zusammenhang bestand bei ihnen speziell auch für den Tod durch ischämische Herzerkrankungen oder Myokardinfarkt.

„Bei älteren Menschen nehmen die thermoregulatorischen Fähigkeiten ab“, so das Forschungsteam. Im Alter verschlechtere sich die Durchblutung der Haut und die Menschen schwitzten weniger. Medikamente wie Diuretika, die sich negativ auf die Temperaturregulierung auswirkten, könnten zur Exazerbation beitragen. Hinzu komme die höhere Prävalenz an Begleiterkrankungen wie Diabetes, neurodegenerativen und kardiopulmonalen Problemen. Bei Frauen sei es so, dass sie grundsätzlich weniger schwitzten. Außerdem trügen hormonelle Veränderungen während der Menstruation zu einer Erhöhung der Körpertemperatur bei. In der Menopause wiederum könne der sinkende Östrogenspiegel die Hautdurchblutung negativ beeinflussen.

Warum sich die hitzebedingten Effekte gerade bei Herzinsuffizienz vergleichsweise stark manifestierten, ist den Forschenden zufolge nicht ganz klar. Spekuliert wird, dass eine hitzebedingte Umkehrung des Blutflusses zur erhöhten Herzbelastung beitrage. Daher sei es ratsam, die Dosis von Medikamenten wie Diuretika während längerer Hitzephasen anzupassen, um Dehydrierung und Elektrolytentgleisungen zu vermeiden.

Luftverschmutzung mit auschlaggebend

In der Studie fanden sich vor allem auch deutliche Assoziationen mit dem Grad der Verstädterung sowie der Luftverschmutzung in den jeweiligen Regionen. So war die hitzeabhängige Mortalität für alle untersuchten Todesursachen zusammengenommen in Kreisen mit einem hohen Anteil an Stadtgebieten höher, ebenso in Kreisen mit höheren Feinstaub(PM2,5)- und Stickstoffdioxidwerten. Zum Beispiel war die Hitzeexposition bei einem Urbanisierungsgrad von 16% mit einem Anstieg der kardiovaskulären Mortalität um 25% assoziiert, bei einem Verstädterungsanteil von 5% waren es dagegen 21%.

Städte müssen grüner werden!

Kreise mit ausgeprägteren hitzeassoziierten Effekten waren außerdem durch einen geringeren Anteil an Grünflächen pro 100.000 Einwohner charakterisiert. Besonders deutlich war dieser Zusammenhang für die pneumoniebedingte Sterberate.

Mit der vorliegenden Studie würden nicht nur Vulnerabilitätsfaktoren identifiziert, sondern auch Möglichkeiten aufgezeigt, wie man modifizierbare Risikofaktoren durch öffentliche Maßnahmen beeinflussen könne, so die Forschungsgruppe um Siqi Zhang vom Helmholtz Zentrum München. Dabei komme es vor allem darauf an, „konsequente Strategien zur Verbesserung der Luftqualität zu implementieren und grüne Infrastruktur auszuweiten“. Beides sei essenziell, um hitzeassoziierte Gesundheitsrisiken abzumildern und die Gemeinden hitzeresilient zu machen.

Quelle: Springer Medizin

Literatur

Zhang S et al. Heat and cause-specific cardiopulmonary mortality in Germany: a case-crossover study using small-area assessment. Lancet Reg Health Eur 2024; https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2024.101049

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