Skip to main content

28.05.2024 | Geburtshilfe | Online-Artikel

Geburtshilfliche Analgesie

Lachgas: Klimasünder im Kreißsaal

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Der Einsatz von Lachgas hat weitreichende Folgen für die Umwelt. Trotzdem ist das Narkosegas sowohl zur Analgesie bei der Geburt als auch als Freizeitdroge beliebt. Klimafreundlichere Alternativen gibt es durchaus, doch der hebammengeleiteten Versorgung kommt dabei die größte Bedeutung zu.

Der globale Gesundheitssektor ist weltweit der fünftgrößte Emittent von Klimagasen. In Deutschland werden 5,2% der freigesetzten Treibhausgase dem Gesundheitssystem zugeordnet. Dazu tragen auch geburtshilfliche Maßnahmen bei, zum Beispiel die operative Geburtsbeendigung in Intubationsnarkose sowie die Inhalation von Lachgas (N2O) zur Analgesie. Der Grund: Narkosegase haben ein hohes Erderwärmungspotenzial und verursachen bis zu 35% der Emissionen einer Klinik.

Laut dem Umweltbundesamt ist Lachgas fast 300-mal klimaschädlicher als CO2 und hat mit circa 120 Jahren eine sehr lange atmosphärische Lebensdauer. Zudem zerstört Lachgas die schützende Ozonschicht der Erde weitaus stärker als Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die bereits im Jahr 1989 verboten wurden.

Viele Vorteile, wenig wissenschaftliche Evidenz

Trotzdem ist der Einsatz von Lachgas während der Geburt sowohl bei den Frauen als auch beim geburtshilflichen Personal beliebt. Das Narkosegas hat ein modernes, emanzipatorisches Image und wird oft als unterstützend für die Spontangeburt inszeniert: Neben der anxiolytisch-sedierenden Wirkung gelten unter anderem die schnelle An- und Abflutung sowie die flexible Nutzungsmöglichkeit in jeder Geburtsphase als sehr vorteilhaft.

In klinischen Studien hat Lachgas teilweise die Wirkung von Placebo oder anderen schmerzlindernden Maßnahmen nicht überschritten. Das heißt, es gibt keine klare wissenschaftliche Evidenz für seine Wirksamkeit bei der Geburt. In der S3-Leitlinie „Die vaginale Geburt am Termin“, ist der Einsatz von Lachgas deshalb nur als Expert*innenkonsens aufgenommen.

Eins-zu-Eins-Betreuung zur nachhaltigen Schmerzbewältigung

Expertin und Hebamme Jana Hartwig erklärt im Interview, dass es zwar viele klimafreundliche Alternativen zu Lachgas gibt, eine hebammengeleitete geburtshilfliche Grundversorgung und eine Eins-zu-Eins-Betreuung aber immer noch die nachhaltigste Lösung für Schmerzbewältigung sind. Wichtig ist, die Bedürfnisse der Frau wahrzunehmen, mit ihr in Kommunikation zu bleiben und Vertrauen aufzubauen. Dadurch sollte nie eine Situation entstehen, in der die Gebärende den Schmerz nicht mehr aushalten kann.

Auch auf Partys hoch im Kurs

Darüber hinaus hat der Konsum von Lachgas als preiswerte Partydroge in den letzten Jahren stark zugenommen, besonders bei Schüler*innen. Während Lachgas in anderen Ländern wie Großbritannien bereits als Droge eingestuft wurde, fällt es hierzulande bisher nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und kann noch immer sehr leicht erworben werden. Mittlerweile fordern Politiker*innen verschiedener Parteien ein Verbot der Substanz, denn der regelmäßige Kontakt mit Lachgas kann zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. (lst)

Empfehlung der Redaktion

Dem Schmerz begegnen


Spannende Beiträge zum Thema „Schmerz“ finden Sie im Schwerpunkt der HebammenWissen 03/24: Ob peripartales Schmerz-Assessment, Angst vor der Geburt oder schmerzstillende Interventionen beim Neugeborenen – unsere Autor*innen erklären, wie Sie als Hebamme Schwangere und ihren Nachwuchs bestmöglich betreuen!

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen