Deutschland zieht viele Pflegefachpersonen aus dem Ausland an, hält sie aber nicht langfristig. Internationale Expert*innen fordern daher eine Kehrtwende in der deutschen Pflegepolitik.
Schlechte Noten für die deutsche Pflegepolitik. Die WHO Europa kritisiert Deutschlands Umgang mit Pflegefachpersonen aus dem Ausland.
Auf dem "International Congress of Nursing Regulators" in Rom wurde Deutschland für seinen Umgang mit dem internationalen Pflegenotstand kritisiert. Der Fachkräftemangel in vielen EU-Ländern werde durch die Bundesrepublik mit verursacht, so die Expert*innen. Deutschland ziehe viele Pflegefachpersonen aus anderen Ländern an, unternehme aber zu wenig, um die Pflegeexpert*innen im Land zu halten, zitierte Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW, Aussagen der WHO.
Während Länder wie Irland gezielte Integrationsprogramme bieten, fehlen hierzulande systematische Förderungen. „In Deutschland wird es den Einrichtungen überlassen, mal besser oder schlechter zu integrieren“, so Postel. Das habe fatale Folgen: Laut Landesberichterstattung NRW verlassen 75 Prozent der anerkannten ausländischen Pflegefachpersonen im Bundesland nach einem Jahr wieder den Beruf. Als problematisch erweist sich laut Postel auch, dass sich keine Aussagen zum Verbleib dieser Pflegekräfte treffen lassen – es fehlt schlicht die Datengrundlage.
Politik setzt auf den falschen Fokus
Für die Kammerpräsidentin setzt Deutschland einen „völlig falschen Fokus“ in der politischen Diskussion. Statt die wertvollen Fachkräfte zu halten, verstricke sich die Politik in eine „unsägliche Migrationsdebatte“. Diese könnte abschreckender nicht sein für Pflegefachpersonen, die hierher kommen wollen. Auch Rechtsextremismus spiele bei der Verbreitung der negativen Stimmung eine große Rolle. „Wir brauchen eine echte Strategie, um die Pflegenden, die wir gewonnen haben, zu halten und Deutschland zu einem Ort zu machen, an dem wir alle gemeinsam gerne bleiben.“
Auch mit Blick auf die Einbindung der deutschen Pflege in internationale Netzwerke und Initiativen besteht aus Sicht der Kammer Nachholbedarf. Durch das Fehlen einer Pflegekammer auf Bundesebene sieht NRW-Kammer-Vize Jens Albrecht Deutschland abgehängt, beispielsweise bei der europäischen Berichterstattung zu Pflegefachpersonen oder der europäischen Vertretung der Pflegekammern. Dies müsse sich dringend ändern. In anderen europäischen Ländern gebe es seit vielen Jahren Pflegekammern, die die Profession spürbar vorangebracht haben. (ne)