01.06.2020 | ERC-Leitlinien
Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende
COVID-19-Leitlinien des European Resuscitation Council
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 4/2020
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Alle „vorübergehenden“ Anpassungen an bestehende Leitlinien sollen im Kontext jedes einzelnen Gesundheitssystems interpretiert werden, unter Berücksichtigung der Verbreitung von COVID-19, der verfügbaren Ressourcen usw. Unser Wissen über COVID-19 ist immer noch begrenzt, und die Leitlinien müssen möglicherweise aktualisiert werden, sobald weitere Daten verfügbar sind.
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Die allgemeinen ethischen Grundsätze der Wiederbelebung bleiben gültig. Wenn möglich, soll „advanced care planning“ (ACP – vorausschauende Behandlungsentscheidung; Patientenverfügung) in Betracht gezogen werden [1]. Dies kann im Zusammenhang mit der aktuellen COVID-19-Pandemie aufgrund der Wissenslücken, der Maßnahmen zur sozialen Distanzierung usw. besonders schwierig sein. Wir betrachten die kardiopulmonale Wiederbelebung (CPR) als eine Behandlung „unter Vorbehalt“ und schlagen Kriterien für das Zurückhalten oder die Beendigung der Wiederbelebung vor. Die Umsetzung dieser Kriterien in einem Gesundheitssystem hängt vom lokalen Kontext ab (rechtlich, kulturell und organisatorisch).
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Behandlungsteams sollen für jeden einzelnen Patienten sorgfältig dessen Überlebenschancen und/oder „gutes“ langfristiges Outcome sowie den erwarteten Ressourcenverbrauch bewerten. Da es sich hierbei nicht um eine statische Situation handelt, soll eine solche Bewertung regelmäßig überprüft werden. Wir raten davon ab, Kategorien oder „pauschale“ Kriterien (z. B. Altersschwellen) zu verwenden, um die „Berechtigung“ eines Patienten festzulegen, bestimmte Ressourcen zu erhalten oder nicht zu erhalten.
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Die zentrale Herausforderung bei der Wiederbelebung während der COVID-19-Pandemie ist die Schwierigkeit, das Risiko für den Anwender und den potenziellen Nutzen für den Patienten zuverlässig auszubalancieren. Während medizinisches Personal sein Bestes für jeden einzelnen Patienten gibt, soll es sich zugleich seiner Verantwortung gegenüber Verwandten, Kollegen und der Gesellschaft bewusst sein. Angehörige von Gesundheitsberufen (einschließlich Ersthelfer) sollen bei allen Patienten mit bestätigtem oder vermutetem COVID-19 persönliche Schutzausrüstung (PSA) verwenden. Die Art der PSA soll auf Systemebene im Verhältnis zum vermuteten Übertragungsrisiko definiert werden. Während das Vorgehen lokal an die aktuelle Realität der Pandemie angepasst werden kann, ist es, um einen exzessiven Anstieg von Mortalität und Morbidität durch den verzögerten Beginn der Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) zu vermeiden, unerlässlich, dass wir weiterhin eine von Leitstellendisponenten unterstützte CPR (Telefonreanimation) anbieten und Laienhelfer rekrutieren, ausbilden und/oder bei Kreislaufstillstand „first responder“ senden.
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