01.01.2013 | Originalien
Die Ernährungsversorgung in geriatrischen Krankenhausabteilungen in Deutschland
Erschienen in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie | Ausgabe 1/2013
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Hintergrund
Ältere hospitalisierte Menschen haben ein besonders hohes Risiko für eine Mangelernährung. Die Ursachen dafür sind vielfältig und die Folgen weitreichend. Mangelernährung ist eine gut behandelbare Komorbidität, zahlreiche Studien zeigen den Nutzen einer Ernährungstherapie hinsichtlich der Verbesserung des Ernährungszustands und der Prognose. In den letzten Jahren wurden diverse Leitlinien zur Ernährungsversorgung entwickelt, die ein standardisiertes Vorgehen hinsichtlich des Screenings und Assessments von Patienten mit Ernährungsrisiko und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung des Ernährungszustands fordern. Es ist jedoch nicht klar, inwieweit diese Erkenntnisse bis dato in geriatrischen Abteilungen in Deutschland umgesetzt wurden.
Ziel
Ziel der vorliegenden Umfrage war es, einen Überblick über die gegenwärtige ernährungsmedizinische Versorgung sowie Diagnostik und Therapie von Mangelernährung in stationären geriatrischen Einrichtungen in Deutschland zu erlangen.
Material und Methoden
Anfang des Jahres 2011 wurde ein von der Arbeitsgruppe Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) entwickelter Fragebogen an die Chefärzte/innen von 272 geriatrischen Krankenhaus- und Rehabilitationseinrichtungen verschickt. Enthalten waren Fragen zur Struktur der Einrichtung, zum Essensangebot, zur Diagnostik und Therapie von Mangelernährung sowie zum Ausmaß der Therapieempfehlung hinsichtlich Mangelernährung im Arztbrief.
Ergebnisse
Von den angeschriebenen Abteilungen meldeten sich 38% zurück. Einen Ernährungsmediziner beschäftigen 31% der geriatrischen Abteilungen, 42% haben Ernährungsfachkräfte und 90% logopädische Fachkräfte angestellt. In 36% der Abteilungen wird ein sog. geriatrisches Menü angeboten (kleine Portionen, energiereich, eiweißreich, kaufreundlich). In 89% der Einrichtungen ist ein flexibles Speisenangebot zwischen den Mahlzeiten erhältlich. Die Diagnostik der Mangelernährung erfolgt hauptsächlich durch die Erfassung des Gewichts und des Body-Mass-Index, validierte und etablierte Screeninginstrumente werden nur in 40% der geriatrischen Abteilungen eingesetzt. Der Verzehr wurde in 64% der Einrichtungen bei Bedarf erfasst. Eine über die Notfallversorgung hinausgehende zahnärztliche Versorgung findet in 67% der Abteilungen selten statt, in 23% nie.
Schlussfolgerung
Die Verwendung validierter Screeninginstrumente ist deutlich unterrepräsentiert, sodass nachvollziehbare Therapiealgorithmen selten implementiert sind. Das Angebot an Ernährungsinterventionen ist vielfältig, die Zuteilung bleibt jedoch unklar. Da die Datenlage zur Effektivität einer Ernährungstherapie bei alten Patienten mit Mangelernährung deutlich überzeugender ist als bei manch anderem geriatrischen Syndrom, erscheint eine feste Integration eines validierten Ernährungsscreenings in das geriatrische Basisassessment sinnvoll. Dies gilt auch für die Etablierung standardisierter Abläufe bei der Therapie der Mangelernährung und eine weiterführende Therapieempfehlung, um die Nachhaltigkeit der Therapie zu gewährleisten.
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