Zusammenfassung
Die meisten Gewebe tragen Rezeptoren für das Vitamin-D
3-Hormon und sind damit empfänglich für seine vielseitigen Steuerungssignale. Auf die Aktivität von mindestens 200 Genen hat es eine regulierende Funktion. Eine wichtige Aufgabe des Hormons liegt im
Knochenstoffwechsel (Kap.
84) und in der
Optimierung der neuromuskulären Koordination. Weil 1,25-Dihydroxy-Vitamin-D
3 an spezielle Zellkern-Rezeptoren koppelt, werden von ihm erhöhte Zellteilungsraten gebremst und die Zelldifferenzierung gefördert. Deshalb spielt Vitamin D vermutlich auch eine entscheidende Rolle bei der Verminderung des Risikos für viele chronische Erkrankungen. So wird in zahlreichen Studien immer wieder der Zusammenhang zwischen ausreichenden Vitamin-D
3-Spiegeln und einem geringerem Auftreten verschiedener Typen von Krebs beschrieben (Jenab et al. 2010; Schöttker et al. 2014; Yao et al. 2017; Budhathoki et al. 2018). Bei hohen Vitamin-D3-Konzentrationen ist ferner das Diabetesrisiko halbiert und der Blutdruck eher normal (Parker et al. 2010, Bröndum-Jacobsen et al. 2012). Im Immunsystem sind die Funktionen von Monozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten optimiert (Kap.
70), die Immuntoleranz gesteigert und bei älteren Menschen die geistigen Leistungen stabilisiert (Llewellyn et al. 2010; Littlejohns et al. 2014; Miller et al. 2015; Martineau et al. 2017). Der Beweis aber, dass Vitamin D wirklich immer all diese Wirkungen verursacht, steht noch aus. Denkbar wäre, dass z. B. Krebserkrankungen die Vitamin-D-Spiegel senken, niedrige Spiegel also Folge der bösartigen Tumoren und nicht deren Ursache sind (Autier et al. 2014). So fanden sich denn auch in der in Boston laufenden VITAL-Langzeitstudie mit knapp 26.000 Teilnehmern bisher keine positiven Wirkungen einer zusätzlichen Gabe von Vitamin D bezüglich Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Manson et al. 2019). Bezogen nur auf die kardiovaskulären Risiken wird das in einer weiteren sehr großen Studie bestätigt (Barbarawi et al. 2019
).